Den historischen Ausgangspunkt der Ausstellung bildet die Verarbeitung von Kautschuk, Palmöl und Kokosöl durch hamburgische Unternehmen, die u.a. auf dem heutigen Gelände des Museums der Arbeit, der ehemaligen New-York Hamburger Gummiwaaren-Fabrik, aber auch in Harburg und Wandsbek ansässig waren. Sie stellten seit dem späten 19. Jahrhundert neben Hartgummikämmen, Badehauben, Regenschirmen und Margarine Fertiglebensmittel, Kerzen und Seife her – industriell gefertigte Alltagsprodukte, bei denen die kolonialen Bezüge nicht sofort ins Auge fallen, deren Rohstoffe jedoch unmittelbar mit dem deutschen und europäischen Kolonialismus verflochten sind.
Vor diesem Hintergrund stellt die Ausstellung dem gängigen und verharmlosenden Narrativ einer hanseatischen „Kaufmannsindustrie“ die gewaltvollen Realitäten des Kolonialismus, aber auch die Widerständigkeit der betroffenen Menschen gegenüber. Zentral ist dabei das Thema der kolonialen Zwangsarbeit: Kolonien waren für die beteiligten Hamburger Unternehmen vor allem dann profitabel, wenn diese einen uneingeschränkten Zugriff auf die Arbeitskraft der dort lebenden Menschen gewannen. Dies führte zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen, zur Zerstörung traditioneller Wirtschaftsformen und Gesellschaften, zu Hungersnöten, Flucht und Vertreibungen, aber auch zu Protesten und Aufständen der Kolonisierten. Die Ausstellung gibt insbesondere jenen Akteurinnen und Akteuren Raum, die in bisherigen Darstellungen nicht angemessen repräsentiert sind: Arbeiterinnen und Arbeitern, die gegen ihre Arbeits- und Lebensbedingungen protestierten oder vor Zwangsarbeit flohen ebenso wie lokalen Eliten, die sich gegen die Übergriffe der Kolonisierenden wehrten.
Das Ziel der Ausstellung ist es, einer breiten Öffentlichkeit die Verflechtung der hamburgischen Wirtschaftsgeschichte mit dem europäischen Kolonialismus nahe zu bringen und so einen verantwortungsvollen und zeitgemäßen Blick auf die hamburgische Stadt- und Industriegeschichte zu ermöglichen. Damit verbunden ist der Anspruch, einen eurozentristischen Blickwinkel auf das Thema konsequent herauszufordern und die Perspektiven der Menschen in kolonisierten Ländern sowie ihrer Nachfahren in die Ausstellung mit einzubeziehen. Das Konzept und die Inhalte der Ausstellung wurden deshalb gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Expertinnen und Experten erarbeitet. Ihre Partizipation ergänzt die Arbeit des Museumsteams um Wissensbestände und Erfahrungen, die dort bisher noch unterrepräsentiert sind: eine intensive Beschäftigung mit der hamburgischen Kolonialgeschichte und deren Spuren in der Stadt, biographische Bezüge in die ehemalige Kolonialgebiete sowie Rassismus-Erfahrungen in einer weißen Mehrheitsgesellschaft.
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