Die Umfrage ist im September und Oktober 2020 erhoben worden. „Die Ergebnisse machen deutlich, wie sehr Gastgewerbe und Reisewirtschaft bereits vor dem November-Lockdown mit den Folgen der Coronakrise zu kämpfen hatten“, erklärt Antje Bauer, Geschäftsführerin Starthilfe und Unternehmensförderung der IHK Halle-Dessau. „Für das laufende Jahr erwarten die befragten Unternehmen in der Tourismuswirtschaft massive Einbrüche.“ Dass der Umsatz um mehr als 50 Prozent zurückgehen wird, damit rechneten laut Bauer jeder fünfte Gastwirt und jeder siebte Hotelier. Ein normales Geschäft auf „Vor-Corona-Niveau“ erwarten 19 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen im zweiten Halbjahr 2021 und 21 Prozent erst im übernächsten Jahr. „Jeder siebte Gastwirt glaubt sogar überhaupt nicht mehr daran“, sagt Bauer. Ein ähnliches Bild ergibt sich in der Reisebranche: Fast alle Unternehmen dort erwarten für das Jahr 2020 beim Umsatz starke Rückgänge oder sogar einen kompletten Ausfall. Ein Viertel der Befragten rechnet nicht mehr damit, zukünftig überhaupt jemals zum normalen Geschäft zurückzukehren. Gut ein Drittel erhofft sich dies ab dem Jahr 2022. Ein weiteres Viertel wagt erst gar keine Prognose.
Die aktuelle Finanzlage ist geprägt von Eigenkapitalrückgang, Liquiditätsengpässen und Forderungsausfällen. „Von daher ist es wichtig, dass die versprochenen Hilfen schnellstens an die Unternehmer ausgezahlt werden, um die Talfahrt abfedern zu können“, fordert André Rummel, Geschäftsführer Industrie und Infrastruktur der IHK Magdeburg.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
Das Beherbergungsgewerbe schätzt seine Geschäftslage in der abgelaufenen Sommersaison positiv ein. Etwa ein Drittel aller befragten Hoteliers verzeichnen gute beziehungsweise befriedigende Geschäfte. Spitzenreiter sind hier die Unternehmen in den Regionen Harz und Anhalt-Dessau-Wittenberg. Dennoch melden mehr als die Hälfte der Beherbergungsunternehmen einen Gästerückgang, 57 Prozent verzeichnen eine damit einhergehende rückläufige Zimmerauslastung. Die aktuelle Finanzlage ist geprägt von Eigenkapitalrückgang (bei 38 Prozent der Befragten) und Liquiditätsengpässen (25 Prozent). Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – hier vorrangig die Beschränkungen durch die „Corona-Pandemie“ – lassen die Branche pessimistisch auf die Folgesaison schauen. 58 Prozent der Hoteliers rechnen mit ungünstigeren Geschäften in der kommenden Wintersaison, was auch die Investitionsbereitschaft extrem negativ beeinflusst: 22 Prozent werden weniger und 43 Prozent der Hoteliers gar nicht investieren.
Ein Drittel der befragten Gastronomen blickt auf eine kurze Sommersaison 2020 bei allerdings guter Geschäftslage zurück. Aber auch hier führten generell rückläufige Gästezahlen zu Umsatzeinbußen. Dies hat zu Eigenkapitalverlust (42 Prozent), Liquiditätsengpässen (26 Prozent) und hoher Fremdkapitalbelastung (14 Prozent) geführt. 61 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen rechnen zudem mit schlechten Geschäften in der Wintersaison 2020/2021. 41 Prozent der Gastronomen sehen Preissteigerungen voraus. 18 Prozent werden weniger und etwas mehr als die Hälfte gar nicht investieren, da ihnen der finanzielle Rahmen hierfür fehlt. Gut zwei Drittel (69 Prozent) der Befragten versuchen ihren Mitarbeiterbestand zu halten, knapp ein Viertel meldet abnehmende Beschäftigungszahlen, was vorrangig zu Mehrbelastungen bei der vorhandenen Belegschaft und zu eingeschränkten Angeboten führt.
Eine katastrophale Sommersaison haben die Reisebüros und -veranstalter in Sachsen-Anhalt hinter sich. 95 Prozent von ihnen melden aktuell: Die Geschäftslage ist schlecht. Über alle Segmente hinweg berichten insgesamt 99 Prozent der Befragten von rückläufigen Buchungen. Mit Umsatzeinbußen für das komplette Jahr 2020 rechnen deshalb 98 Prozent der Unternehmer. Ihre aktuelle Finanzlage ist durch Eigenkapitalrückgang (72 Prozent), Liquiditätsengpässe (61 Prozent) und Forderungsausfall (23 Prozent) geprägt. Auch für die kommende Wintersaison rechnen 90 Prozent der Reiseunternehmen mit weiterhin schlechten Geschäften. Wirtschaftliche Risiken für die Entwicklung des eigenen Unternehmens sehen die Befragten in der Inlandsnachfrage (65 Prozent), in der Auslandsnachfrage (61 Prozent) und in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (62 Prozent). Knapp die Hälfte der Reisebüros und -veranstalter gehen von fallenden Beschäftigungszahlen aus. 85 Prozent planen keinerlei Investitionen.
Hintergrund:
Die Landesarbeitsgemeinschaft der beiden Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt (LAG) besteht seit 1997 und vertritt die Interessen von rund 110.000 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Die Landesarbeitsgemeinschaft führt Umfragen unter ihren Mitgliedsunternehmen durch, erarbeitet fachliche Stellungnahmen und vertritt das Gesamtinteresse der Unternehmen gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit.
Die Saisonumfrage Tourismus ist ein gemeinsames Projekt der LAG. Auf der Basis von Unternehmensbefragungen werden zweimal jährlich die aktuelle Geschäftslage, die Erwartungen an die kommende Saison und Aussagen zu ausgewählten aktuellen Branchenthemen der Unternehmen des Beherbergungs- und Gastronomiegewerbes sowie des Reisebüro- und Reiseveranstaltersektors in Sachsen-Anhalt dargestellt. Im Geschäftsklimaindex wird in einem Zahlenwert zusammengerechnet, wie die Unternehmen ihre Lage und ihre Perspektive einschätzen: Auf einer Skala von 0 bis 200 stehen hohe Indexwerte für eine gute Stimmung und niedrige für eine schlechte.
Die vorliegende Umfrage Herbst 2020 zur Sommersaison 2020 sowie zu den Erwartungen an die Wintersaison 2020/2021 in Sachsen-Anhalt stützt sich auf 363 Antworten von 700 befragten Unternehmen, davon 284 aus dem Gastgewerbe (Beherbergung und Gastronomie) und 79 aus dem Reisebüro- und Reiseveranstaltersektor.
Die ausführlichen Ergebnisse dieser LAG-Umfrage stehen auf den Internetseiten der IHKn unter www.halle.ihk.de und www.magdeburg.ihk.de zum Download bereit.
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