„Zootier des Jahres 2021“: Das Krokodil – Nützling mit Imageproblem

Das Krokodil ist „Zootier des Jahres“ 2021. Die Kampagne wurde 2016 mit dem Ziel ins Leben gerufen, sich für gefährdete Tierarten einzusetzen, deren Bedrohung bisher nicht oder kaum im Fokus der Öffentlichkeit steht. So werden für den Titel „Zootier des Jahres“ Tiere ausgewählt, die teils kurz vor der Ausrottung stehen, jedoch bisher keine oder nur sehr wenig Lobby haben. Federführend ist die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. (ZGAP). Hinzu kommen die Einrichtungen und Mitglieder der Deutschen Tierpark-Gesellschaft e.V. (DTG), des Verbandes der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) und der Gemeinschaft der Zooförderer e.V. (GdZ).

Auch der Kölner Zoo ist mit dabei und unterstützt die Aktion. Die Verkündung hätte eigentlich im Rahmen einer PK im Aquarium des Kölner Zoos stattfinden sollen. Doch Corona-Krise und erneuter Lockdown lassen dies leider nicht zu. Dennoch begleitet der Zoo die Kampagne, stehen doch die Kölner Philippinenkrokodile mit im Mittelpunkt. Die Panzerechsen zählen zu einer der seltensten Krokodilarten der Erde. Die Experten des Kölner Zoos führen das Europäische Zuchtbuch zu dieser Art. Ihnen ist zudem die erste Nachzucht von Philippinenkrokodilen in Europa gelungen. Erst vor wenigen Wochen konnte der Kölner Zoo zwei Jungtiere dieser massiv bedrohten Art, „Dodong“ und „Hulky“, in ihr Ursprungsgebiet rückführen. Dort sollen sie wiederausgewildert werden, um eine neu entdeckte, kleine Population im Süden der Philippinen aufzustocken. Der Kölner Zoo arbeitet dafür mit philippinischen Partnerorganisationen vor Ort zusammen, die u.a. eine Auswilderungsstation betreiben und ein Umweltbildungsprogramm aufsetzen. „Die im Laufe der „Zootier des Jahres“-Kampagne gesammelten Spendengelder werden helfen, diese Projekte zu unterstützen. Wir danken daher herzlich allen, die die Aktion unterstützen“, erläutert Prof. Theo B. Pagel, Direktor des Kölner Zoos und Präsident des Weltzooverbands. „Unsere Philippinenkrokodil-Rückführung zur Auswilderung in freier Wildbahn sind ein starkes Beispiel dafür, wie wirkungsvoll Zoos Artenschutzarbeit leisten. Daher ist es wichtig, mit Kampagnen wie dieser Tieren eine Lobby und Fördermöglichkeiten zu geben“, sagt der Kölner Aquariumskurator und Regionaler Vorsitzende der IUCN Krokodilspezialistengruppe CSG, Prof. Dr. Thomas Ziegler.

Der Druck auf die Panzerechsen nimmt zu

Krokodile teilten sich ihren Lebensraum bereits mit den Dinosauriern. Seit mehr als 200 Millionen Jahren bevölkern die perfekten Jäger nahezu unverändert unseren Planeten – bis der Mensch auftauchte. Nun stehen sie kurz vor dem Untergang, weswegen die ZGAP das Krokodil zum „Zootier des Jahres 2021“ gekürt hat. Bei der diesjährigen Kampagne sollen mit den gesammelten Geldern vorrangig drei Projekte unterstützt werden, die sich um den Erhalt der Kuba-, Siam- und Philippinenkrokodile kümmern. „Krokodile sind keine schwimmenden Handtaschen, sondern haben eine immens wichtige Aufgabe in ihren Ökosystemen. Es ist Zeit zu handeln, denn ohne akute Schutzmaßnahmen werden einige Krokodilarten bald gänzlich von unserem Planeten verschwinden“, sagt Dr. Sven Hammer, 1. stellvertretender Vorsitzender der ZGAP. Die Menschen dringen bis heute immer weiter in den Lebensraum der Krokodile ein und töten sie, weil sie die Tiere als Gefahr für sich und ihre Haustiere ansehen. Ihr Fleisch und die Eier werden verzehrt, die Moschusdrüsen werden zur Parfümherstellung genutzt und weil Krokodile Fische fressen, gelten sie darüber hinaus als Konkurrenten der Fischer. Zusätzlich dezimieren der Lebensraumverlust, etwa durch den Bau von Dämmen, sowie die zunehmende Wasserverschmutzung die Krokodilbestände. An den Rand der Ausrottung brachte die Krokodile jedoch insbesondere die wachsende Nachfrage nach ihrer Haut, weil die Modeindustrie anfing, daraus Handtaschen, Schuhe, Koffer, Gürtel und andere Waren herzustellen. Viele Krokodilarten gelten daher als gefährdet; sechs Arten werden von der Weltnaturschutzunion IUCN bereits als „von der Ausrottung bedroht“ eingestuft.

Nützlinge mit Imageproblem

Krokodile haben, wie viele andere Beutegreifer auch, ein Imageproblem. Sie werden oft als menschenfressende „Monster“ angesehen und schafften es so als Darsteller in den einen oder anderen Hollywoodfilm. Tatsächlich übernehmen Krokodile aber eine äußerst wichtige Aufgabe: Da sie unter anderem Aas fressen, reinigen sie die Gewässer und anliegende Landflächen von Kadavern. Wenn sie jagen, haben sie es besonders auf schwache, verletzte und kranke Tiere abgesehen. Sie regulieren zudem die Bestände räuberischer Welse oder Piranhas, die sich ihrerseits von für den Menschen bedeutenden Speisefischen ernähren. Entfernt man Krokodile aus diesem Kreislauf, gerät das ökologische Gleichgewicht aus den Fugen. Durch den Ausfall der großen Jäger nehmen die Populationen der Raubfische zu und viele andere Organismen wie Bakterien, Algen, Krebstiere, Weichtiere oder Wasserinsekten verschwinden, weil sie auf die Hinterlassenschaften der Krokodile spezialisiert sind. „Die bereits jetzt erkennbaren, negativen Auswirkungen auf die Ökosysteme in den Heimatländern der Krokodile machen ihren Schutz daher besonders wichtig“, sagt Viktoria Michel, Projektkoordinatorin der „Zootier des Jahres“- Kampagne, „weshalb sich die ZGAP dazu entschied, das Krokodil zum „Zootier des Jahres“ 2021 zu küren.“

Schutzprojekte

Konkret werden dieses Jahr drei Schutzprojekt mit den Kampagnengeldern unterstützt.

  • In der Natur leben nur noch knapp 100 Philippinenkrokodile, daher wird im Süden der Philippinen der Bau einer Nachzuchtstation und Auswilderungsanlagen für Krokodile direkt im Auswilderungsgebiet finanziert. Zudem soll ein Zentrum für Umweltbildung, sowohl für Einheimische als auch für Touristen, entstehen und ein Konzept für nachhaltigen Tourismus in der Region umgesetzt werden.
  • In den Süßwassersümpfen Kubas haben Kubakrokodile ihr kleines Verbreitungsgebiet. Die Nachzuchtbemühungen der seltenen Krokodile verliefen bisher sehr erfolgreich, weshalb nun wieder Kubakrokodile unter kontrollierten Bedingungen ausgewildert werden. Um die Biologie der Tiere weiter zu erforschen und sie vor illegaler Wilderei zu schützen, erhalten einige der Krokodile GPS-Sender.
  • Auch Siamkrokodile existieren nur noch in kleinen Populationen in Kambodscha, Laos und Thailand. Derzeit werden weitere Restvorkommen auf Borneo vermutet, was nun mittels Umwelt-DNA aufgedeckt werden soll. Nur so können noch rechtzeitig Schutzmaßnahmen für die bedrohten Krokodile eingeleitet werden.                                     

Zoologische Gärten als treibende Kraft im Artenschutz

Zoologische Gärten halten und züchten gefährdete Tierarten und eröffnen ihren Besuchern interessante Einblicke in biologische und ökologische Zusammenhänge. Auch Philippinenkrokodile werden in europäischen Zoos nachgezüchtet. Das Zuchtbuch dafür wird im Zoologischen Garten Köln geführt. Die Philippinenkrokodile aus europäischen Zoos sind für die Population auf den Philippinen extrem wichtig, denn die europäischen Tiere wurden im Gegensatz zu vielen Krokodilen auf philippinischen Krokodilfarmen nicht mit anderen Krokodilarten gekreuzt, sind bereits genetisch auf ihre Reinerbigkeit hin untersucht worden und daher besonders für die Auswilderung geeignet.

Zur „Zootier des Jahres“- Kampagne

Die „Zootier des Jahres“ Kampagne wurde 2016 mit dem Ziel ins Leben gerufen, sich für gefährdete Tiere einzusetzen, deren Bedrohung bisher nicht oder kaum im Fokus der Öffentlichkeit steht. So werden für den Titel „Zootier des Jahres“ Tierarten ausgewählt, die teils kurz vor der Ausrottung stehen, jedoch bisher keine oder nur sehr wenig Lobby haben und auch oft nicht von "großen Naturschutzorganisationen" beachtet werden. Im vergangenen Jahr konnten etwa durch die Kampagnengelder viele nachhaltige Schutzmaßnahmen für Beos erfolgreich umgesetzt werden.

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