Lamin Fofanas Erfahrungen in der Bewegung zwischen Afrika, Nordamerika und Europa sind spürbar in seiner experimentellen Herangehensweise an die Schaffung akustischer Environments. Entscheidend im Kontext dieser Arbeiten ist die Auseinandersetzung mit historischen Formen des Schwarzen kritischen Denkens, einschließlich der Schriften von Amiri Baraka, W. E. B. Du Bois und Sylvia Wynter. Seine Arbeit geht jedoch über den Akt des Übersetzens hinaus, um Raum für gemeinsame Erfahrungen und ein geschärftes Bewusstsein zu schaffen. Dabei schlägt er eine aktive und offene Praxis des Zuhörens vor, eine Fähigkeit, die eine wesentliche Voraussetzung für das Zusammenleben darstellt.
Im Laufe der vergangenen zehn Jahre haben Calla Henkel und Max Pitegoff den sozio-urbanen Wandel Berlins und über die Stadt hinaus sowohl dokumentiert als auch beeinflusst. Vor diesem Hintergrund ist ihre Arbeit sehr zeitgemäß, die sich aus der Tradition der dokumentarischen Fotografie heraus entwickelt hat, und die bewirkt und mit einschließt, dass kreative Gemeinschaften und Räume entstehen. Ihre Arbeiten entwickeln sich aus der gelebten Erfahrung und stellen entscheidende Fragen darüber, was gezeigt und was bewahrt werden soll. So entsteht eine Vielzahl von Narrativen um miteinander geteilte Situationen.
In ihrer anregenden und energiegeladenen Arbeit findet Sandra Mujinga Bilder und Raumgefüge für flüchtige Welten, die über das anthropozentrische Paradigma hinausweisen. Mit einer Vorstellung von Raum sowohl als Ausstellungsraum wie auch als weiter gefasster sozialer Kategorie kommentiert sie in ihrer Arbeit Situationen und Orte, insbesondere solche, die sich selbst als offen verstehen. Indem sie Zwischenzustände nicht nur abtastet, sondern auch umgestaltet und in verschiedenen Medien teilt, stellt sie etablierte Prinzipien des Da-Seins und der Skulptur in Frage.
Indem Sung Tieu eine große Bandbreite künstlerischer Medien wie Installationen, Ton, Text, Video und öffentliche Interventionen nutzt, schafft sie formal minimalistische und eindrucksvolle Environments, die unmittelbar sinnlich und körperlich erfahrbar sind. Ausgehend von ihrem Interesse an Psychoakustik zeigen ihre Arbeiten auf, wie Klang als invasives Werkzeug verwendet werden kann, um individuelle und kollektive Verhaltensweisen, Überzeugungen und Begierden zu manipulieren. Geprägt von widerstreitenden Mechanismen der Fürsorge und der Kontrolle sowie unbeständigen räumlichen und sozialen Verhältnissen, die spürbare Auswirkungen auf das Leben in der Diaspora haben, untersucht sie die Ausbreitung von Informationen wie die Bewegung von Menschen, Gütern und Waren auf fesselnde Weise.
Gabriele Knapstein, Leiterin des Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin: „Der Preis wird seit dem Jahr 2000 vergeben, und wir freuen uns, über diesen langen Zeitraum zusammen mit den Freunden der Nationalgalerie und unserem Förderer BMW herausragende junge Künstler*innen einer breiten Öffentlichkeit vorstellen zu können. Wir danken den Mitgliedern der ersten Jury für ihre engagierte Diskussion und die spannende Auswahl. Einmal mehr wird deutlich, wie international sich die aktuelle Kunst in Deutschland darstellt.“
“In Zeiten von rapidem Wandel sind Verantwortung und Verlässlichkeit ein sehr hohes Gut. Ebenso wie die Kultur. 2021 feiern wir das 50-jährige Jubiläum unseres weltweiten Kulturengagements und wir sind stolz, dem Preis der Nationalgalerie seit fünfzehn Jahren als Partner zur Seite zu stehen. Die international renommierte Auszeichnung gibt in diesem Jahr spannenden, jungen Positionen der zeitgenössischen Kunst eine Bühne, die Crossover und Kollaborationen feiern“, sagt Nicolas Peter, Mitglied des Vorstands der BMW AG, Finanzen.
Eine zweite Jury wählt am 7. Oktober 2021 den*die Preisträger*in. Die Auszeichnung besteht in einer Einzelausstellung im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin im Laufe des Jahres 2022, die durch eine Publikation begleitet wird.
Der Preis der Nationalgalerie wird ermöglicht durch die Freunde der Nationalgalerie und gefördert durch BMW.
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