Passend zur Corona-Krise befassen sich die Beiträge mit der Corona-App, der allgemeinen Digitalisierung im Gesundheitswesen und der Nutzung von Millionen persönlicher Daten.
Der geringe Nutzen der Corona-App demonstriert eindringlich, dass es mit Digitalisierung allein nicht getan ist. Vielmehr müssen die „Hardware“, die professionell tätigen Menschen und die für ihre Tätigkeit benötigten materiellen Ressourcen entwickelt, gepflegt und gestützt werden.
Herausgeber ist der in Bernau lebende Soziologe Dieter Korczak. Mit-Autoren sind der Pflegewissenschaftler Johann Behrens, der Mediziner Theo Petzold, der österreichische Psychiater Felix Tretter, der Professor für Digitaldesign Ralf Lankau und die Informatikerin Sylvia Johnigk.
In dem Buch wird die These vertreten: „Künstliche Intelligenz“ gibt es nicht. Wenn von sogenannter „KI“ gesprochen wird, werden lediglich automatisierte elektronische Prozesse auf der Basis von mathematischen Algorithmen gemeint. Suggeriert wird den Menschen aber eine allmächtige und überlegene Technologie, die eine bessere Krankheitserkennung und Therapie ermöglicht, die Gesundheit fördert und die Leistungsfähigkeit erhöht. Eine in dem Buch durchgeführte Analyse von mehreren internationalen Studien aus dem letzten Jahr zeigt, dass diese Erwartungen nicht erfüllt werden.
Für die Software-Anbieter ist das Geschäft mit privaten Vital- und Bewegungsdaten jedoch hochattraktiv. Aktuell wird der Markt mit Internet gestützten Gesundheitsapplikationen auf 50 Milliarden US Dollar geschätzt. Letztlich geht es bei der Digitalisierung um eine Ökonomisierung gesundheitlichen Handelns, um das Ziel persönliche Daten einer besseren wirtschaftlichen Verwertung zuzuführen, um „Überwachungs- und Datenkapitalismus“ (Shoshana Zuboff).
Es wird befürchtet, dass zukünftig Bewegungsfreiheit nur gegen Preisgabe der Privatsphäre, des Datenschutzes und der Informationssicherheit gewährt wird. In Deutschland mehren sich die Stimmen, die das entsprechende Überwachungsmodell in Südkorea als vorbildlich bezeichnen. Dabei gibt es zahlreiche offene Fragen: Die Fehleranfälligkeit von Softwaresystemen und Algorithmen, das Ausmaß falsch-positiver Zuordnungen, die Bestimmung des Nutzens, die Sicherheit vor kriminellen Zugriffen, der angemessene Schutz der Privatsphäre, das Recht am persönlichen Dateneigentum, die Übernahme von Verantwortung und Haftung.
Das Einhalten ethischer Standards, von Menschlichkeit, Autonomie und Würde ist zentral. Die Komplexität gesunder menschlicher Entwicklung muss in ihren mehrdimensionalen Dynamiken und Beziehungen berücksichtigt werden und darf nicht auf 1/0 Bits reduziert werden.
Gerade die Corona-Krise zeigt, dass die gesellschaftliche Rückkopplung von technologischen Systemen und politischen Maßnahmen auf das individuelle, soziale, kulturelle und globale Leben immer berücksichtigt werden muss.
Eine automatisierte (algorithmisch berechnete) Verhaltensmanipulation verstoßt gegen die Würde des Menschen, seine Grundrechte und Selbstbestimmung – und beleidigt seine Intelligenz.
Dieter Korczak (Hrsg.): Digitale Heilsversprechen. 196 Seiten. 29,95 Euro. ISBN 978-3-86321-544-6
E-Book (PDF). 23,99 Euro. ISBN 978-3-86321-564-4
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