Sommer-Vollversammlung der Handwerkskammer Reutlingen: Volle Auftragsbücher, Materialengpässe und Corona-Impfungen

Wieder in Präsenz fand die Sommer-Vollversammlung der Handwerkskammer Reutlingen statt. Aufgrund von Abstandregeln und Hygienebestimmungen wieder in der HAP-Grieshaber Halle in Eningen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, insbesondere aufgrund der höchst ansteckenden Delta-Variante. Auf der Tagesordnung standen unter anderem der Jahresabschluss für das Rechnungsjahr 2020, eine neue Finanzierungsstruktur für die überbetriebliche Ausbildung und die Wahl einer stellvertretenden Hauptgeschäftsführerin. Die nach wie vor angespannte Ausbildungssituation im zweiten Pandemiejahr, die konjunkturelle Entwicklung im Handwerk und weitere handwerkspolitische Themen waren ebenfalls Gegenstand der Sitzung. 

Jahresabschluss festgestellt

Die Vollversammlung hat in ihrer Sitzung am 19. Juli den Jahresabschluss für das zurückliegende Jahr festgestellt. Für das Geschäftsjahr 2020 ergaben sich Erträge in Höhe von 14.449.433 Euro und Aufwendungen in Höhe von 15.859.630 Euro. Das Jahresergebnis weist ein Minus von 881.802,86 EUR aus. Dieses Defizit kann problemlos mit der guten Eigenkapitalausstattung der Kammer verrechnet werden, wodurch die Beiträge weiterhin stabil bleiben können. Die Vollversammlung erteilte der Geschäftsleitung und dem Vorstand Entlastung für die Wirtschaftsführung.

Wahl einer Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers

Die seit dem 1. April 2020 bei der Handwerkskammer tätige Leiterin des Geschäftsbereichs Berufsausbildung, Prüfungs- und Sachverständigenwesen, Christiane Nowottny, gelernte Betriebswirtin, wurde von der Vollversammlung zur Geschäftsführerin gewählt und mit Wirkung vom 1. August 2021 zur ständigen Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers Dr. Joachim Eisert bestellt.

Handwerkskonjunktur erstes Halbjahr 2021

Nach einem schwierigen Jahresauftakt, so Kammerpräsident Harald Herrmann, setzten die Handwerksbetriebe im Kammerbezirk der Handwerkskammer Reutlingen, ihre Hoffnungen auf das zweite Quartal. Dieses brachte dann auch laut Umfrage der Kammer Aufschwung und Optimismus in die Betriebe, vor allem in jene, die nach mehrmaligen Schließungen im Lockdown endlich wieder arbeiten konnten. Und so bewerteten zwei Drittel der Betriebe in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb ihre Geschäftslage in den vergangenen Wochen als gut, der Anteil derer, die unzufrieden waren, lag bei 12,6 Prozent. Auch die Auftragslage verbesserte sich gewaltig: 40 Prozent der Betriebe meldeten mehr Bestellungen als noch vor zwölf Monaten – Vor allem bei den Bauhandwerkern, den Ausbaubetrieben und den Metall- und Elektrobetrieben. Diese waren und sind es auch, die am stärksten von den aktuellen Lieferengpässen bei Material und Bauteilen betroffen seien. Hinzu kämen sprunghaft gestiegene Einkaufspreise. Eine baldige Trendumkehr sei nach Einschätzung der Betriebe nicht in Sicht, eher rechneten die Ausbaubetriebe, Zulieferer und Baubetriebe mit weiteren Preissteigerungen in den kommenden Wochen.

Erfreuliche Ausbildungsbilanz

Hauptgeschäftsführer Dr. Joachim Eisert präsentierte anschließend die Abschlusszahlen der Lehrlingsverträge: „Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen im Pandemiejahr 2020 fällt unsere Bilanz recht erfreulich aus.“ Im Jahr 2020 seien im Handwerkskammerbezirk Reutlingen 1.784 neue Berufsausbildungsverträge in die Lehrlingsrolle eingetragen worden. Gegenüber dem Vorjahr sei das eine Zunahme von 0,4 Prozent. Im Landesdurchschnitt wurden 2,5 Prozent weniger Ausbildungsverträge als im Vorjahr geschlossen. „Die allerneuesten Zahlen, die wir haben, sind vom 30. Juni. Bisher haben wir 915 neue Ausbildungsverträge registriert; 6,2 Prozent mehr als noch im Vorjahr,“ so Eisert. Das habe die Kammer auch den Aktivitäten der Nachwuchswerbung wie Azubi-Talk, Ausbildungsbotschafter und virtuelle Berufsorientierungsangebote für Schüler, Eltern, Lehrer und Studienabbrecher aber auch der Präsenz in den Sozialen Netzwerken zu verdanken. Auch in Zeiten der Pandemie sei man nicht ganz machtlos, junge Menschen für das Handwerk zu interessieren. 

Impfmodell für kleine Betriebe

Eisert verwies in seinem Bericht auch an den Appell der Kammer vom Mai dieses Jahres an Politik und Verwaltung, kleine und mittlere Betriebe mehr beim Impfen zu berücksichtigen und die Praxis der Impfzentren daran auszurichten. „Ganze Industriebetriebe wurden durchgeimpft, der typische Handwerksbetrieb hat aber weniger als zehn Mitarbeiter, folglich auch keinen Betriebsarzt. Dabei stehen viele Handwerker täglich in engem Kontakt mit ihren Kunden.“ Die Kammer schrieb deshalb die fünf Landrätinnen und Landräte im Kammerbezirk an und bat um Impftermine für Belegschaften auch von kleineren Handwerksunternehmen. Insbesondere der Landkreis Sigmaringen sei hierauf spontan und vorbildlich aktiv geworden.

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