Der Grund: Kelvin van der Linde fuhr am Sonntag ganz klar auf Siegkurs, als an seinem ABT Audi R8 LMS in der 27. von 33 Runden plötzlich der Motor ausging – und das ausgerechnet bei Tempo 250 im gefürchteten Banking von Turn 1. Glück im Unglück: Van der Linde war wegen eines ähnlichen Problems vor Kurzem bei einem Rennen für ein anderes Team in Misano ausgefallen und wusste daher ganz genau, was zu tun ist: den Hauptschalter umlegen, einen kompletten Reset der Elektronik machen, fünf Sekunden warten und dann den Motor neu starten – das alles wohlgemerkt bei über 200 km/h.
Die Nervenstärke wurde belohnt: Der junge Südafrikaner verlor nur zwei Positionen und hätte es fast noch geschafft, den zweiten Platz wieder von Ferrari-Pilot Liam Lawson zurückzuholen. Weil ihm das Risiko zu hoch war, entschied er jedoch, lieber Platz drei sicher nach Hause zu fahren. Damit verteidigte er die Führung in der Meisterschaft.
Im ersten Rennen am Samstag war Kelvin van der Linde gemeinsam mit seinem Bruder Sheldon aus der ersten Reihe gestartet. Da er nach seinem Sieg in Monza 25 Kilogramm Zusatzgewicht an Bord hatte, musste er sich am Ende mit Platz vier begnügen. Am Start und bei einem Safety-Car-Restart zeigte sich zudem, dass der Audi R8 LMS im Vergleich zur Konkurrenz beim Beschleunigen derzeit einen ziemlichen Nachteil hat. Zudem haben die Teams von Ferrari und Mercedes einen technisch bedingten Zeitvorteil bei den Boxenstopps.
Mike Rockenfeller zeigte nach dem für ihn schwierigen Saisonstart in Monza eine deutlich verbesserte Leistung. Dem ersten Podium am Samstag folgte am Sonntag eine spektakuläre Aufholjagd, die ihn vom 13. auf den achten Platz nach vorn brachte. Nach einem späten Reifenwechsel überholte er in der Schlussphase fünf Konkurrenten.
Großes Pech hatte Sophia Flörsch: Die 20-Jährige rollte nach einem vielversprechenden Qualifying im ersten Rennen schon kurz nach dem Start ohne Benzindruck aus. Die Fehlersuche gestaltete sich extrem schwierig und langwierig. Erst kurz vor dem Start des zweiten Rennens wurde ein defekter Sensor als Übeltäter entlarvt. Vom letzten Startplatz kämpfte sich die DTM-Debütantin noch auf Rang 15 nach vorn.
Weiter geht es für das Team ABT Sportsline in der DTM bereits in 14 Tagen im belgischen Zolder.
Stimmen nach den DTM-Rennen auf dem Lausitzring
Thomas Biermaier (Teamchef Team ABT Sportsline): „Natürlich tut es weh, wenn man so kurz vor Schluss einen schon sicher geglaubten Sieg verliert. Aber Kelvin hat noch das Beste aus der Situation gemacht und so die Führung in der Meisterschaft verteidigt. Das war unser Ziel für den Lausitzring. Wir sind mit unserer Performance an beiden Tagen insgesamt zufrieden. Rocky hat sich gegenüber Monza deutlich gesteigert und auch Sophia war gut unterwegs. Leider gab es an ihrem Auto einen defekten Sensor. Zum Glück konnten unsere Jungs den Fehler auch mithilfe von Audi Sport customer racing rechtzeitig vor dem zweiten Rennen finden.“
Kelvin van der Linde (ABT Audi R8 LMS #3): „Ich glaube, ich war nach einem Podium noch nie so enttäuscht wie nach dem Rennen am Sonntag. Ich hatte einen guten Start. Das Team hat einen perfekten Boxenstopp gemacht. Ich habe das Tempo kontrolliert und meine Reifen geschont. Wir dachten, wir hätten das Rennen in der Tasche, als das Auto in Turn 1 plötzlich ausging. Ich musste einen kompletten Reset machen. Zum Glück habe ich nur zwei Plätze verloren und bin noch ins Ziel gekommen.“
Mike Rockenfeller (ABT Audi R8 LMS #9): „Mit einem dritten Platz am Samstag und einem achten am Sonntag lief es für mich deutlich besser als in Monza. Ich habe viel gelernt und weiß nun viel besser, wie ich das Auto fahren muss. Das Team hat einen super Job gemacht. Das Podium am Samstag war toll. Es hat aber auch Spaß gemacht, am Sonntag mit den frischeren Reifen noch vom 13. auf den achten Platz nach vorn zu fahren. Ich freue mich schon auf Zolder.“
Sophia Flörsch (ABT Audi R8 LMS #99): „Ich habe auf jeden Fall einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Im Vergleich zu Monza und auch zum Freien Training am Freitag war meine Pace in Qualifying 1 richtig gut. Dann hatten wir leider etwas Pech mit technischen Problemen im ersten Rennen und im zweiten Qualifying. Das kann im Motorsport passieren. Die Mechaniker haben den Fehler vor dem zweiten Rennen zum Glück gefunden. Vom letzten Startplatz war es ein schweres Rennen. Aber ich bin 15. geworden und happy, wenn es weiter in die richtige Richtung geht.“
ABT Sportsline ist der weltgrößte Veredler für Fahrzeuge aus dem VW-Konzern und insbesondere Audi. Das Spektrum reicht dabei vom Motor über Karosserieanbauteile, Fahrwerke und Interieurs bis hin zur umfangreichen Kollektion von Leichtmetallrädern. Im Rahmen des Programms ABT Individual können sogar exklusive Einzellösungen umgesetzt werden. Daneben betreibt das Allgäuer Unternehmen Motorsport auf internationalem Top-Niveau: etwa als Privatteam bei der DTM oder mit dem erfolgreichen Engagement in der Formel E. Der Einstieg in die Elektro-Rennserie erfolgte bereits 2014 und wurde 2017 mit dem Gewinn der Meisterschaft gekrönt.
Technikaffin seit 1896
Die Wurzeln von ABT Sportsline reichen bis zu einer Pferdeschmiede zurück, die 1896 in Kempten gegründet wurde. Ihr innovativstes Produkt: Eine Kutsche, die sich im Winter dank eines cleveren Klappmechanismus auch als Schlitten nützlich machte. Bald rückten auch Motofahrzeuge ins Visier: Ab circa 1920 verkaufte und reparierte AUTO-ABT die Vorgängermarken der heutigen Audi AG – eine Weichenstellung, die das Unternehmen noch heute prägt. 1950 bestritt Gründerenkel Johann Abt sein erstes Autorennen und legte den Grundstein für die Motorsportaktivitäten des eigenen Hauses. Aber auch im Alltag schätzt er schnelle Autos. Deshalb gründete er 1967 ABT Tuning, veredelte 1978 den ersten VW Golf und bringt bereits 1980 das erste Chiptuning auf den Markt. Dann geht es Schlag auf Schlag. Und 1991 wird schließlich der neue repräsentative Firmensitz in der heutigen Johann-Abt-Straße eröffnet, der 2014 um ein beeindruckendes Motorsport-Zentrum erweitert wird, und auch ein eigenes Museum beherbergt.
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