Trotz einiger Herausforderungen – Regulierungswelle in China, Afghanistan-Krise – haben sich die Aktien in den letzten Wochen positiv entwickelt, vor allem aufgrund der außergewöhnlichen Berichtssaison über die Unternehmensgewinne in den USA und Europa. Mit Blick auf die nähere Zukunft sehen wir drei Hauptthemen: die Ausbreitung der Delta-Covid-Variante, die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und die Divergenzen in der Politik der Notenbanken. In Bezug auf Delta ist das Wiederauftreten von Covid-19-Fällen in den USA und Europa ein zentrales Thema, wobei die Rückkehr der so genannten „Lockdown-Trades“ – also Aktien, die von Lockdown-Maßnahmen tendenziell profitieren – besonders Titel aus der Reise- und Freizeitbranche benachteiligt und defensivere Unternehmen begünstigt. Wir sind der Meinung, dass der Markt bei der Einpreisung des Potenzials für neue Lockdowns wahrscheinlich ein wenig zu weit gegangen ist. Dies könnte Chancen in den am stärksten betroffenen Sektoren eröffnet haben.
Die Angst vor einer weltweiten Ausbreitung der Delta-Variante überschneidet sich mit der bereits eingetretenen Verlangsamung des Wirtschaftswachstums sowohl in den USA als auch in China. Die Eurozone hingegen befindet sich immer noch im Aufschwung, wobei der Höhepunkt nach unserer Auffassung in den nächsten ein bis zwei Quartalen erreicht werden dürfte, getragen von der Peripherie, in einem inflationären Umfeld, das nach wie vor günstiger ist als in den USA. All diese Faktoren führen zu einer divergierenden Geldpolitik in den USA, China und der Eurozone.
In den USA ebnet die Beschleunigung des Aufschwungs auf dem Arbeitsmarkt in Verbindung mit einer höheren Inflation den Weg für Gespräche über ein Tapering – also die Rückführung der expansiven geldpolitischen Maßnahmen. China scheint sich auf eine Lockerung der Geldpolitik einzustellen, und die EZB bleibt weitgehend akkommodierend. Auch die fiskalische Seite könnte sich in den kommenden Monaten relativ günstig für die Eurozone auswirken, aber in den USA liegt der größte Teil der fiskalischen Maßnahmen offenbar hinter uns, und es könnte Jahre dauern, bis der Infrastrukturplan wirksam wird.
Delta, Verlangsamung und Divergenzen bilden jetzt einen fruchtbaren Boden für eine Rückkehr der Marktvolatilität, die beispielsweise als Auslöser für eine Pause der Aktienrallye fungieren könnte. Dies bedeutet, dass Anleger aus unserer Sicht an einigen Grundüberzeugungen festhalten sollten:
Aktien: kurzfristig Vorsicht angebracht
Bei einer insgesamt neutralen Haltung gegenüber Aktien halten wir Absicherungen für angebracht. Angesichts negativer Realzinsen für Anleihen sind Aktien nach unserer Meinung nach wie vor die wichtigste Alternative – umso mehr, wenn die Anleiherenditen weniger stark steigen als die Inflation, die durch geldpolitische Maßnahmen beeinflusst wird, und wenn die Dividenden weiterhin gut abgesichert sind. Kurzfristig sollten Anleger vorsichtig sein, wie wir meinen, und eine gewisse Absicherung für den Fall einer schnellen Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen aufgrund des Virenzyklus aufbauen. Außerdem ist zu erwarten, dass sich das außergewöhnliche Gewinnwachstum in diesem Jahr nicht wiederholen wird. Die Unternehmen waren in der Lage, die höheren Kosten weitgehend an die Verbraucher weiterzugeben, aber wenn die Inflation – wie wir glauben – nicht so vorübergehend sein wird wie erwartet, könnten höhere Löhne folgen. Dies ist bisher nicht eingetreten.
Während wir auf regionaler Ebene eine neutrale Haltung einnehmen, sehen wir, dass auf Basis der Bewertungen Europa attraktiver ist, da es den Höhepunkt des Wachstums noch nicht erreicht hat und die Notenbankpolitik noch unterstützend wirkt.
Die Nachfrage nach Value-Aktien (wertorientierten Aktien) ist trotz der Sommerschwäche offenbar intakt. Dies gibt den Anlegern eine zweite Chance, in eine mögliche mehrjährige Entwicklung einzusteigen, wenn sie dies im November nicht getan haben. Die erste Phase betraf in erster Linie die konjunkturzyklischen Value-Titel; die zweite Welle könnte zinsbezogene Aktien (z.B. Banken/Finanzwerte) stärker unterstützen und sich als vorteilhaft für Unternehmen mit attraktiven Bewertungen (z.B. Energie in den USA) erweisen.
Anleihen: Kurze Duration kann entscheidend sein
Bei Anleihen kommt es nach unserer Auffassung nach wie vor auf eine kurze Duration an (durchschnittliche Kapitalbindungsdauer, ein Maß für die Zinssensitivität). Auf der Suche nach Erträgen werden weiterhin europäische Peripherieanleihen, Anleihen hoher Bonität (Investment Grade Rating) und Hochzins-Anleihen weltweit, einschließlich chinesischer Anleihen, bevorzugt. Der hohe Verschuldungsgrad ist ein Bereich, auf den aus unserer Sicht bei Unternehmensanleihen geachtet werden muss, die mit Blick auf höhere Zinsen überwacht werden sollten. Dies macht die Auswahl auf Unternehmensebene zu einem vorrangigen Thema.
Schwellenländer: China langfristig attraktiv
Wir bleiben bei Emerging Markets-Aktien insgesamt neutral, sehen aber Divergenzen. Kurzfristig sind wir bei China angesichts der Regulierungswelle vorsichtiger, während wir bei Indien und Brasilien konstruktiv sind, wo das Schlimmste der Covid-Krise nun wahrscheinlich überwunden sein dürfte. Langfristig betrachtet, halten wir in Bezug auf China an unserer positiven Einschätzung fest und sind der Meinung, dass die jüngste Schwäche interessante Möglichkeiten eröffnet hat. Anleger könnten nach unserer Auffassung zum Beispiel den Ausverkauf nutzen, um ihren Anteil an chinesischen Aktien in globalen Portfolios zu erhöhen und sich in der gegenwärtigen Phase stärker auf die Sektoren zu konzentrieren, die durch die veränderte Regulierung in die Höhe getrieben werden, wie z. B. Biotechnologie und Aktien aus dem Bereich saubere Energie.
Bei Schwellenländeranleihen, einem wichtigen Ertragsbringer, sind wir nach wie vor zurückhaltend. Angesichts der Aussicht auf das Tapering der Fed sind wir vorsichtig, was die Duration angeht, und bevorzugen Hochzinsanleihen sowie einige länderspezifische Möglichkeiten, die aber im Hinblick auf politische Risiken beobachtet werden müssen (z.B. Kambodscha, Thailand, Peru, Chile, Brasilien).
Fazit: Trotz gebotener Vorsicht kein Grund zu übertriebenem Pessimismus
Insgesamt sehen wir die Notwendigkeit, einerseits wachsam zu bleiben, andererseits aber nicht übermäßig pessimistisch zu werden. Die Märkte balancieren offenbar weniger günstige Nachrichten aus der Wirtschaft auf Basis von Maßnahmen der Notenbankpolitik aus. All dies bedeutet, dass Investitionsentscheidungen sehr genau geprüft werden sollten, da es bei den derzeitigen Marktbewertungen wenig Spielraum für Fehler gibt, wie wir meinen.
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