Kempen: „Rücktritt von Frau Kunst ist die Quittung für Totalausfall der Hochschulpolitik in Berlin“

Der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), Professor Dr. Bernhard Kempen, hat der scheidenden Präsidentin der HU Berlin, Professorin Dr. Sabine Kunst, Respekt und Anerkennung gezollt. Kunst hatte angekündigt, sich aus Protest gegen das neue Berliner Hochschulgesetz aus ihrem Amt zum Ende des Jahres zurückzuziehen. "Ihr Rücktritt ist keine Flucht aus der Verantwortung, sondern die logische Konsequenz aus einer verfehlten Hochschulpolitik", erklärte Kempen. "Es rächt sich jetzt, dass sich die rot-rot-grünen Regierungs-fraktionen bei der Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes als beratungsresistent erwiesen und trotz eindeutiger Warnungen im Hauruck-Verfahren auf den letzten Drücker einschneidende Veränderungen durchgedrückt haben." Es sei bestenfalls gut gemeint, aber alles andere als gut, Universitäten ohne Übergangsfristen und finanziellen Unterbau dazu zu verpflichten, für Postdocs auf haushaltsfinanzierten Qualifikationsstellen rechtsverbindliche unbefristete Anschlusszusagen vorzusehen. "Das mag populär sein, hat aber mit seriöser Politik nichts zu tun", so Kempen. Statt neuer Perspektiven schaffe es Unsicherheiten – nicht nur bei den Universitäten, sondern vor allem auch bei jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Der neue Senat müsse sich an dieser Stelle ehrlich machen und umgehend Kurskorrekturen durch eine Reparaturnovelle einleiten. Dafür sei es wichtig, wieder in den Dialog mit den Universitäten sowie den Interessenvertretungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu treten.

"Jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verlässlichere Karriereperspektiven zu bieten, ist eine Herausforderung, die sich einfachen Antworten entzieht", hob der DHV-Präsident weiter hervor. Zur Entschärfung des Befristungsdilemmas könne die personelle Entflechtung von Aufgaben der wissenschaftlichen Dienstleistung und Aufgaben der Eigenqualifikation beitragen. Nach Maßgabe des DHV-Vorschlages, ein Y-Modell für unterschiedliche Berufswege in die Wissenschaft zu schaffen, sollte frühzeitig eine Entscheidung getroffen werden, ob ein Postdoc dem wissenschaftlichen Nachwuchs mit der alleinigen Aufgabe der Eigenqualifikation oder dem Bereich der wissenschaftlichen Dienstleistung ohne die Aufgabe und Gelegenheit zur Eigenqualifikation zuzuordnen ist.

Qualifikation und Befristung müssen Kempen zufolge aber auch "zwei Seiten einer Medaille" bleiben. Angesichts klammer Haushalte sei es evident, "dass generelle Anschlusszusagen heute die Zukunftsaussichten junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von morgen beschneiden werden". Der Weg zur Professur dürfe daher auch weiterhin in der Regel nicht als "beamtete Laufbahn" ausgestaltet werden. Aus Gründen der internationalen Konkurrenzfähigkeit sollten allerdings im Umfang von bis zu 25 Prozent für den besonders qualifizierten und leistungsfähigen wissenschaftlichen Nachwuchs nach einer befristeten Postdoc-Zeit Stellen mit Tenure Track vorgesehen werden. Den besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern könne nur mittels einer rechtsverbindlichen Zusage auf eine Lebenszeitprofessur nach positiver Evaluation eine sichere Perspektive an der Universität geboten werden.

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