Kein Spiegelbild der Kultur in Nordrhein-Westfalen

Der nordrhein-westfälische Landtag hat in der vergangenen Woche das neue Kulturgesetzbuch (Kultur GB) verabschiedet. Es tritt zum 1. Januar 2022 in Kraft und soll die für Kunst und Kultur relevanten Regelungen bündeln.

1. Bereits im Entstehungsprozess des Kulturgesetzbuches hatten die beiden Landschaftsverbände deutlich Kritik geübt und Ergänzungen gefordert. Finden Sie diese im jetzigen Kulturgesetzbuch wieder?

Milena Karabaic: „Durch gemeinsame Interventionen konnten wir gewisse Korrekturen wie die stärkere Würdigung der Industriekultur erreichen. Aber leider gilt noch immer: Das neue Kulturgesetzbuch NRW spiegelt insgesamt betrachtet nicht, wie Kultur in unserem Land umgesetzt wird – nämlich durch das Engagement Vieler. Die Landschaftsverbände und die Kommunen tragen knapp 80 Prozent der Ausgaben. Alleine 200 Mio. Euro davon investieren die Landschaftsverbände und damit fast so viel das Land. Viele Projekte werden durch uns erst möglich – und das in finanzieller wie auch in fachlicher Hinsicht. In dem nun verabschiedeten Gesetz bildet sich das trotz unserer konstruktiven Interventionen leider nicht ab. Das ist umso bedauerlicher, als dass es Themen gibt, die erst durch die Landschaftsverbände mit ihrer Expertise betrieben werden.“

2. An was denken Sie da konkret?

Milena Karabaic: „Als jüngstes Beispiel nenne ich die Provenienzforschung: Nachdem man kulturpolitisch diesem Thema lieber lange Zeit aus dem Weg gegangen ist, hat es der LVR vor vier Jahren mit einem Pilotprojekt angestoßen und hier Pionierarbeit geleistet. Es ist nur zu begrüßen, dass das Land die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung für sich nun erkannt und angenommen hat und jetzt eine Koordinationsstelle für Provenienzforschung im LVR-Landesmuseum Bonn ansiedelt. Ich verstehe die Rolle der Landschaftsverbände in dieser Hinsicht durchaus auch als Motor, aber dann darf dies keine Einbahnstraße sein.“

3. Ist das Kulturgesetzbuch aus Ihrer Sicht notwendig?

Milena Karabaic: „Zunächst ist positiv anzumerken, dass zum Beispiel freischaffende Künstlerinnen und Künstler in Musikschulen durch eine entsprechende Vertragsstruktur künftig abgesichert sind. Wenn eine solche Struktur jedoch zur Bedingung wird, sind diejenigen ausgeschlossen, die ausdrücklich in einem ungebundenen Verhältnis arbeiten möchten. Hier ließen sich weitere Beispiele nennen. Darüber hinaus sind die angekündigten Regelungen zu allgemein, so dass die Frage bleibt, wem es nützt. Sicher ist es ein ambitioniertes Unterfangen, die vielschichtige und komplexe Infrastruktur der Kultur in NRW in einem Kulturgesetzbuch abzubilden. Die vertane Chance liegt darin, dass eine wegweisende Ausrichtung nicht erkennbar ist und vor allem in dem Versäumnis, das kulturelle Profil mitsamt den Akteuren adäquat zu benennen."

Über Landschaftsverband Rheinland

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeitet als Kommunalverband mit rund 20.000 Beschäftigten für die 9,7 Millionen Menschen im Rheinland. Mit seinen 41 Schulen, zehn Kliniken, 20 Museen und Kultureinrichtungen, vier Jugendhilfeeinrichtungen, dem Landesjugendamt sowie dem Verbund Heilpädagogischer Hilfen erfüllt er Aufgaben, die rheinlandweit wahrgenommen werden. Der LVR ist Deutschlands größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen und engagiert sich für Inklusion in allen Lebensbereichen. "Qualität für Menschen" ist sein Leitgedanke.

Die 13 kreisfreien Städte und die zwölf Kreise im Rheinland sowie die StädteRegion Aachen sind die Mitgliedskörperschaften des LVR. In der Landschaftsversammlung Rheinland gestalten gewählte Mitglieder aus den rheinischen Kommunen die Arbeit des Verbandes.

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