In Deutschland werden wirksame Maßnahmen, die nachweislich den Tabakkonsum senken, bis heute bei Weitem nicht ausgeschöpft. Eine verpflichtende Tabakkontrollstrategie, wie sie von über 50 Gesundheits- und zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert wird, würde dazu beitragen, den Raucheranteil in der Gesellschaft deutlich zu senken. Fast 20 Prozent aller Krebsneuerkrankungen in Deutschland wären vermeidbar, wenn niemand rauchen würde.
Die Politik muss die Entwicklung einer solchen Tabakkontrollstrategie vor den Interessen und der Einflussnahme der Industrie schützen. Die Tabakindustrie versucht seit einiger Zeit, sich als vermeintlicher Problemlöser zu präsentieren: Neue Produkte wie etwa Tabakerhitzer oder E-Zigaretten sollen den tabakbedingten immensen Gesundheitsproblemen vorbeugen, die die Hersteller mit ihrem Hauptprodukt Zigarette seit jeher selbst verursachen.
Dies verdeutlicht eine anlässlich der Tabakkontrollkonferenz (16. und 17. Dezember 2021) veröffentlichte Publikation des DKFZ. Die Tabakindustrie propagiert Tabakerhitzer und E-Zigaretten zur Schadensminderung ("Harm Reduction") und unterläuft damit wirksame gesundheitspolitische Maßnahmen, die nachgewiesenermaßen den Tabakkonsum senken. Die Konsumenten sollen auf neue, potenziell weniger schädliche Produkte vertrauen – und damit langfristig die Gewinne der Unternehmen sichern. Das von den Unternehmen propagierte Prinzip der Schadensreduzierung soll vor Folgeschäden des Rauchens schützen – und erhält gleichzeitig die Abhängigkeit der Konsumentinnen und Konsumenten aufrecht. Statt eines gesundheitsschützenden vollständigen Konsumstopps produziert diese Strategie Dauerkonsumenten.
"Auch wenn die Unternehmen die Schadensverringerung in den Vordergrund stellen, so sind sie doch von kommerziellen Interessen geleitet. In einem Umfeld, in dem Rauchen an gesellschaftlicher Akzeptanz verliert und der Verkauf von Zigaretten durch regulatorische Maßnahmen erschwert wird, ist das ein raffinierter Schachzug", sagt Katrin Schaller, kommissarische Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention und des WHO-Kollaborationszentrums für Tabakkontrolle am DKFZ. "Ziel der Unternehmen ist es, den Absatz ihrer Produkte zu sichern und eine strenge Regulierung zu verhindern."
Um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und eine wirksame Krebsprävention zu fördern, ist die neue Regierungskoalition gefordert, sich zur Entwicklung und Umsetzung einer Strategie für ein tabakfreies Deutschland 2040 zu bekennen. Ein erster Schritt dazu ist, eine verpflichtende Tabakkontrollstrategie mit konkreten Maßnahmen und einem verbindlichen Zeitplan für deren Umsetzung im Nationalen Präventionsplan festzuschreiben.
Neues Factsheet:
Harm Reduction – keine Alternative zu konsequenter Tabakkontrolle (PDF | 624,99 KB)
https://webcms25.inet.dkfz-heidelberg.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/AdWfP/AdWfdP_2021_Harm-Reduction_0.pdf
Weitere Veröffentlichungen:
Strategie für eine tabakfreies Deutschland 2040
https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/n2021_Strategie-fuer-ein-tabakfreies-Deutschland-2040_dp.pdf
Gesundheit fördern – Einfluss der Tabakindustrie verhindern
https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/AdWfP/AdWfdP_2021_Einflussnahme-Tabakindustrie.pdf
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
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