Neue Methoden, alte Risiken

Neue gentechnische Verfahren werfen alte Fragen neu auf, und während die Chancen schon gelobt werden, sind die Risiken noch nicht geklärt. Für eine sorgfältige Risikoprüfung müssen auch die neuen gentechnischen Verfahren dem Gentechnik-Moratorium unterstellt werden, über das der Nationalrat in einer Woche nochmals zu entscheiden hat.

Am 2. März 2022 debattiert der Nationalrat zum zweiten Mal über die Verlängerung des Gentechnik-Moratoriums und darüber, wie mit den sogenannten neuen gentechnischen Verfahren umgegangen werden soll. Massive Versprechungen aus Industrie und Forschung zu den neuen Verfahren wie der Genschere CRISPR-Cas9 nähren die Hoffnung, damit tatsächliche Probleme lösen zu können. Die neuen Methoden führen aber auch zu neuen Unsicherheiten und werfen alte Fragen wieder neu auf: Ist ein Nebeneinander von gentechnikfreier Bioproduktion und GVO-Landwirtschaft in der kleinräumigen Schweiz möglich? Wer hat Zugang zu den neuen Sorten und Arten und zu welchen Kosten? Welche Auswirkungen auf die Biodiversität sind zu erwarten?

«Es ist zwingend notwendig, neue Sorten, welche mit der Aussaat in unsere Umwelt gelangen, nicht nur auf die Chancen, sondern auch auf ihre Risiken hin zu überprüfen», betont Landwirtschaftsexperte Marcel Liner von Pro Natura. «Dies ist aber nur möglich, wenn Produkte aus den neuen Verfahren weiterhin dem Gentechnikgesetz unterstellt bleiben.»

Resistenzen und Intensivierung 

Unzählige wissenschaftliche Studien belegen bereits heute die negativen Auswirkungen einer globalisierten Landwirtschaft unter Einsatz von gentechnisch veränderten Sorten (GVO). Zu diesen Auswirkungen zählen beispielsweise der Einsatz noch giftigerer Pestizide und die Entstehung von «Superunkräutern», oder die Weitergabe der gentechnisch eingefügten Veränderung an verwandte Wildarten. «Die Erfahrungen in GVO-Anbauländern zeigen, dass die Anwendung von GVO zu einer weiteren Intensivierung in der Produktion und damit zu einer Verarmung der Biodiversität führen kann», so Liner. «Unsere Befürchtung ist, dass dies auch mit den neuen Verfahren passieren würde. Anzustreben ist aber das Gegenteil, nämlich eine biodiversitätsfreundliche Schweizer Landwirtschaft.»

Aussagen, wonach gentechnisch veränderte Organismen sicher seien, wenn in deren Erbgut keine artfremden Gene eingefügt wurden, sind wissenschaftlich nicht begründbar. «Die Risiken werden durch die erhöhte Eingriffstiefe der neuen Verfahren eher grösser. Wie gross sie tatsächlich sind, muss in jedem einzelnen Fall geprüft werden», verlangt auch Nationalrätin und Pro Natura Präsidentin Ursula Schneider Schüttel.

Pro Natura und diverse Umweltverbände plädieren deshalb für eine uneingeschränkte Verlängerung des Gentechnik-Moratoriums ohne Ausnahmen. 

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