Gesundheitsminister Klaus Holetschek und Patienten- und Pflegebeauftragter Prof. Peter Bauer nehmen Stellung zu Besuchsverboten in psychiatrischen Kliniken und Pflegeheimen

Am 22. Februar entsandte der Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch Kranker e. V. (ApK Bayern) einen Offenen Brief an die Bayerische Staatsregierung und das Bayerische Gesundheitsministerium mit der Aufforderung, die Besuchsregelungen grundsätzlich in allen bayerischen Kliniken und Pflegeheimen für mindestens eine Person wieder einzuführen und gleichzeitig eine bayernweit einheitliche Lösung herbeizuführen. Inzwischen hat der Patienten- und Pflegebeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Prof. Dr. Peter Bauer MdL und der Bayerische Gesundheitsminister, Klaus Holetschek MdL, reagiert und zu der für Betroffene und Angehörige gleichsam schwer zu ertragenden Besuchsregelung Stellung bezogen.

In einem 6-seitigen Brief zeigt Prof. Bauer großes Verständnis für „die Anliegen der Betroffenen und kann deren Sorgen und Nöte sehr gut nachvollziehen.“ Er selbst habe hierzu bereits mittels einer Pressemeldung1 und mehrerer Gespräche auf politischer Ebene auf die Situation und andere, Corona bedingte Probleme im Klinikbereich, aufmerksam gemacht. Er verweist auf die derzeitigen Handlungsempfehlungen (Rahmenkonzept) für ein einrichtungsindividuelles Schutz- und Hygienekonzept für Besuche in Krankenhäusern2. Dort ist zwar geregelt, dass in Ausübung des Hausrechts es jeder Einrichtung grundsätzlich ermöglicht wird, von einem Besuchsverbot Gebrauch zu machen. Aufgrund der damit verbundenen Härte für die Patientinnen und Patienten „müssen jedoch vollständige Besuchsverbote vor dem Hintergrund der zunehmenden Durchimpfung der Bevölkerung eine Ausnahme darstellen und dürfen nur bei zwingender Notwendigkeit als Maßnahme eingesetzt werden. Sie sind gesondert im Besuchskonzept zu begründen.“

In diesem Zusammenhang betont Prof. Bauer: „Ich bin der Meinung, dass entsprechende Regelungen mit Augenmaß getroffen und transparent kommuniziert werden müssen. Dabei müssen auch die Interessen und Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten sowie deren Familien angemessen Berücksichtigung finden.“ Eine bayernweit einheitliche Besuchsregelung kann jedoch wegen des vorherrschenden Hausrechts nicht erlassen werden.

In Pflegeheimen hingegen richtet man sich nach den am 14.02.2022 aktualisierten Empfehlungen für Alten- und Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen und für den öffentlichen Gesundheitsdienst3. Hier steht unter anderem geschrieben: „Neben der Abschätzung der Risiken sollten auch die möglichen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Bewohnerinnen und Bewohner/Betreuten, der Angehörigen sowie des Personals der Einrichtung in die Überlegungen miteinbezogen werden. Letztendlich muss eine Abwägung erfolgen zwischen dem Nutzen der Maßnahmen zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner/Betreuten/Beschäftigten vor einer Infektion und deren potenziellen Folgen und den möglichen negativen psychosozialen Auswirkungen sowie anderen Kollateralschäden. Dies ist, gerade auch unter dem Aspekt einer sich ständig wandelnden Situation, eine schwierige Gratwanderung.“

Auf Basis der vorangestellten Regularien empfiehlt Prof. Bauer Angehörigen und Betroffenen folgendes Vorgehen: „Den Betroffenen und ihren Angehörigen empfehle ich als Patienten- und Pflegebeauftragter in solchen Fällen, das Gespräch mit den Verantwortlichen vor Ort zu suchen. Dabei können diese auf die enorme psychische Belastung hinweisen, die durch Besuchsverbote entsteht und praktikable Lösungen im Sinne der Bewohnerinnen und Bewohner suchen. Als wichtigste Ansprechpartner sehe ich insbesondere die Leitung der Einrichtung sowie die Bewohnervertretung. Ergänzend kann bei Bedarf auch auf die örtliche Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) zugegangen werden.“

Herr Holetschek verweist in seinem Antwortschreiben auf die Handlungsempfehlungen für Besuche in Krankenhäusern4 in der u.a. vorgesehen ist, „… dass – aufgrund der damit verbundenen Härten für die Patientinnen und Patienten – vollständige Besuchsverbote eine Ausnahme bleiben und nur bei zwingender Notwendigkeit eingesetzt werden sollen. Der Erlass eines generellen Besuchsverbots muss daher in jedem Einzelfall sorgsam abgewogen und soll nur verhängt werden, wenn mildere Maßnahmen für den gebotenen Schutz der Patientinnen und Patienten nicht mehr ausreichen.“ Auch stellt der Bayerische Gesundheitsminister klar, dass aber auch dann noch immer Raum für eine angemessene Handhabung von Sonderfällen sein muss. Ferner hätte das Gesundheitsministerium Krankenhäuser darauf hingewiesen, „… dass die konkrete Ausgestaltung der Besuchsregeln im Rahmen des jeweiligen Hausrechts verhältnismäßig sein muss.“

Als ApK Bayern möchten wir betroffenen Angehörigen die beschriebene Vorgehensweise von Herrn Prof. Bauer ans Herz legen und sie dazu ermutigen, das Gespräch mit den Verantwortlichen zu suchen. Bleiben Sie hartnäckig und nehmen Sie diese Pressemeldung und das offizielle Antwortschreiben von Prof. Bauer  oder auch des Bayerischen Gesundheitsministers Holetschek notfalls in die Einrichtung mit. Sollte ein Besuch dennoch nicht möglich sein und sich dies nicht durch eine „zwingende Notwendigkeit“ nachvollziehbar erklären lassen, bleibt noch der Weg zur Beschwerde. Alle notwendigen Kontaktdaten können aus den Antwortschreiben der Ministerien entnommen werden.

1= PM „Bayerische Krankenhäuser brauchen mehr Unterstützung, um in den Normalmodus zurückzukehren“
2 = Veröffentlichung BayMBl. 2021 Nr. 399 vom 09.06.2021
3 = Prävention und Management von COVID-19 in Alten und Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen (RKI, 14.02.2022)
4 = Veröffentlichung BayMBl. 2022 Nr. 117 vom 18.02.2022

Die Pressemeldung und den dazugehörigen offenen Brief finden Sie auch auf unserer Website unter:
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