Naturschutz durch Beweidung

„Mit diesem vorerst letzten Treffen in dieser Form schließen wir die Planungsphase dieses ambitionierten Projekts ab“, sagte der Vorsitzende des Bezirkstags Pfalz, Theo Wieder, bei der digitalen Zusammenkunft der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe (PAG) des bundesgeförderten chance.natur-Projekts „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“. Seit 2019 lief mit Projekt I der erste Abschnitt des großen Vorhabens, in dessen Zuge der Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) entstanden ist. Im PEPL wurden unter anderem die Ziele und Maßnahmen auf den Projektflächen definiert. In der nun folgenden Interimsphase wird das auf zehn Jahre ausgelegte Projekt II beim Bund beantragt, während dem auf dem PEPL basierend die Maßnahmen über das geplante, etwa 8.300 Hektar große Fördergebiet, das über die Grünlandgebiete vom Wasgau zum Haardtrand bis nach Grünstadt reicht, umgesetzt werden sollen.

„Trotz großer Herausforderungen, etwa durch die Coronapandemie, haben wir bisher eine große und komplexe Aufgabe im Biosphärenreservat Pfälzerwald geleistet“, sagte Wieder. „Der jetzt vorliegende, 700 Seiten starke Pflege- und Entwicklungsplan ist in schwierigen Zeiten entstanden. Viel Energie und Sachverstand sind in seine Erstellung geflossen. Alle Beteiligten sind an ihren Aufgaben gewachsen und stehen nun mit ihren Erfahrungen und Kontakten für Projekt II bereit.“

Förderung der Schäfereibetriebe als Naturschutzaufgabe

Der deutsche Teil des UNESCO Biosphärenreservats Pfälzerwald Nordvogesen gehört zu den Gebieten mit der größten Vielfalt an unterschiedlichen Lebensraumtypen trockener und feuchter Standorte in Rheinland-Pfalz. Die Anzahl der im Gebiet beheimateten deutschlandweit seltenen Pflanzen-, Tier- und Pilzarten ist außergewöhnlich. Hierbei spielen die besonders artenreichen Grünlandstandorte eine wesentliche Rolle. Sie sind wichtige Lebensräume, zum Beispiel für seltene Tagfalter, Heuschrecken oder bodenbrütende Vögel. Wird die Nutzung der Offenlandbiotope aufgegeben oder findet eine Übernutzung statt, verschwinden die teilweise stark gefährdeten Tier- und Pflanzenarten. Das Projekt „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“ will hier gegensteuern, indem es die Schäfereibetriebe als wichtige Partner bei der Schaffung eines großräumigen Biotopverbundes einbindet und dort reaktivieren möchte, wo sie zurückgegangen sind. Die Beweidung mit Schafen und Ziegen pflegt nicht nur das Offenland; über ihr Fell transportieren die Tiere auf ihren Zugwegen unzählige Samen sowie kleine Lebewesen wie zum Beispiel Heuschrecken oder Schnecken und fördern so die Vernetzung von isoliert liegenden Biotopflächen und Populationen. Auch die Einbindung weiterer Bewirtschaftungsformen, wie die Mischbeweidung mit Rindern ist vorgesehen. Daneben spielen die Pflege und der Erhalt von Streuobstwiesen und Trockenmauern eine große Rolle.

Zur Erarbeitung des PEPL fanden unter anderem umfangreiche Kartierungsarbeiten zu Tier- und Pflanzenarten im Gebiet statt. So konnten für das Projekt charakteristische Lebensräume repräsentativ erfasst sowie standorts- und nutzungsbezogene Besonderheiten ermittelt und hinsichtlich ihrer Bedeutung beurteilt werden. Begleitend zur Erarbeitung des PEPL war es dem Projektteam des Biosphärenreservats Pfälzerwald wichtig, über das Naturschutzgroßprojekt zu informieren und dazu mit möglichst vielen Akteurinnen und Akteuren ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus wurden im Rahmen verschiedener Workshops eine Fülle von Projektideen in Verbindung mit Schafen und Beweidung, etwa aus den Bereichen Tourismus oder Umweltbildung, mit den Akteuren und Akteurinnen entwickelt. Die Projektbegleitende Arbeitsgruppe (PAG) stellte mit den unterschiedlichen Expertinnen und Experten ein Herzstück des Dialogs dar. Die Vertreterinnen und Vertreter des Landesverbands der Schaf- und Ziegenhalter, der unteren Naturschutzbehörden, von Landesforsten, aus dem rheinland-pfälzischen Umweltministerium, aus dem Landesamt,  dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, dem Bundesamt für Naturschutz sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Institute, die im ersten Teil des Projekts mit Gutachten beauftragt sind, haben die Erstellung des PEPL beratend begleitet.

Der Projektleiter Helmut Schuler dankte allen bisher Beteiligten für die eingebrachten Ideen, Anregungen, fruchtbaren Diskussionen und den wertvollen Sachverstand. „Die PAG-Mitglieder und unser Team haben eine hohe persönliche Motivation, um etwas für die Kulturlandschaft, ihre Arten und Biotope im Pfälzerwald zu tun“, so Schuler. Während der in den kommenden Monaten folgenden Antragsphase für Projekt II, mit dem voraussichtlich ab 2023 die Umsetzung der geplanten Maßnahmen begonnen wird, sei das Team des Projektbüros weiterhin verfügbar und ansprechbar. „Auch in der Umsetzungsphase stehen uns noch große Herausforderungen bevor. Wir freuen uns darauf, diese mit unserem engagierten Team und vielen Untersützerinnen und Unterstützern anzugehen“, sagte der Bezirkstagsvorsitzende zum Abschluss. 

Das Projekt „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“ wird im Biosphärenreservat Pfälzerwald umgesetzt, Projektträger ist der Bezirksverband Pfalz. Die Förderung des Vorhabens erfolgt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMU) sowie durch das Land Rheinland-Pfalz.

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