Schwere Lungenentzündungen: Bessere Behandlung dank bakterieller Schnell-PCR

Spätestens seit SARS-CoV-2 ist die Polymerase-Kettenreaktion, kurz PCR, als schnelles Nachweisverfahren von Viren allseits bekannt. Seit mehr als zehn Jahren dient die molekularbiologische Methode unter anderem zur Erkennung von Virusinfektionen. Im Gegensatz dazu basiert die bakterielle Diagnostik auf der Anzucht von Bakterienkulturen. Hierbei liegen Ergebnisse erst nach mindestens 48 Stunden vor. In einer ersten randomisierten Studie mit 208 Patient*innen konnten Wissenschaftler*innen des Universitätsklinikums Freiburg zeigen, dass ein neuentwickelter PCR-Test zum Bakteriennachweis bei schweren Lungenentzündungen zu einer schnelleren Erregerdiagnostik und besseren Steuerung der Antibiotikatherapie beiträgt. Die Ergebnisse wurden am 23. Mai 2022 in der renommierten Zeitschrift Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht.

„Da eine rasche Antibiotikagabe bei schweren Pneumonien lebensrettend ist, werden die Patient*innen bislang mit Breitbandantibiotika behandelt, auch wenn noch kein bakterieller Befund aus dem Labor vorliegt“, erklärt Forschungsleiterin Prof. Dr. Daiana Stolz, Ärztliche Direktorin der Klinik für Pneumologie am Universitätsklinikum Freiburg. „Der Einsatz des neuentwickelten Nachweises ermöglicht die gezielte Vergabe von Antibiotika – und das bereits nach vier Stunden. Auf diese Weise wird nicht nur die Antibiotikatherapie der Patient*innen mit Lungenentzündung verbessert, sondern mittelfristig auch die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen ausgebremst.“

Dauer der Breitbandantibiotikagabe enorm verkürzen

Infekte der Luftwege sind so häufig, dass sie fast 75 Prozent des gesamten Antibiotikaverbrauchs weltweit verursachen. Wird eine Pneumonie diagnostiziert, verschreiben Ärzt*innen im Normalfall ein Breitbandantibiotikum. Handelt es sich um schwere Verläufe, Patient*innen mit geschwächtem Immunsystem oder vorangegangenem Krankenhausaufenthalt, wird die Lunge mittels Bronchoskopie mit einer Flüssigkeit gespült, die dann auf Viren sowie Bakterien und Pilze untersucht wird.

Die in die klinische Studie einbezogenen Patient*innen benötigten eine solche Erregerdiagnostik. Während bei der Hälfte der Betroffenen wie bisher Bakterienkulturen angelegt wurden, so dass erst nach etwa zwei Tagen das verabreichte Antibiotikum sekundär angepasst werden konnte, erhielt die zweite Patient*innengruppe die bakterielle PCR und damit bereits nach vier Stunden den optimalen Wirkstoff.

„Die aktuellen Studienerkenntnisse zeigen, dass die Dauer der nicht gerechtfertigten Breitbandantibiotikagabe bei den Patient*innen mit bakterieller PCR um 45 Prozent verkürzt werden konnte“, sagt Stolz. „Der schnellere Wechsel auf eine zielgerichtete Antibiotikavergabe verhindert eine Über- und Untertherapie und minimiert das Risiko für die Entstehung von Resistenzen. Gleichzeitig werden förderliche Bakterien geschont und Nebenwirkungen verringert.“

Als Grundlage diente die 2018 publizierte Vorstudie, in der das Forschungsteam bereits die Verlässlichkeit des bakteriellen PCR-Verfahrens zur frühzeitigen Diagnostik von gramnegativen Erregern nachweisen konnte. Diese Bakterienklasse besitzt im Gegensatz zu grampositiven Bakterien eine zusätzliche äußere Membran. Aufgrund des unterschiedlichen Zellwandaufbaus der beiden Bakterienklassen wirken verschiedene Antibiotika.

„Durch die sich stetig verbessernde PCR-Technologie konnten wir bereits die nächste Studie starten: Dabei wird neben der bakteriellen auch die virale Schnell-PCR einbezogen. Zudem erfassen die Tests die grampositiven Erreger. Es ist vorgesehen, über 700 Patient*innen einzubeziehen“, sagt die Freiburger Pneumologin Stolz.„Ich bin zuversichtlich, dass künftig viele Patient*innen von dem Verfahren profitieren können.“

Original-Titel der Studie: Fast multiplex bacterial PCR of bronchoalveolar lavage for antibiotic stewardship in hospitalised patients with pneumonia at risk of Gram-negative bacterial infection (Flagship II): a multicentre, randomised controlled trial
DOI:doi.org/10.1016/S2213-2600(22)00086-8
Link zur Studie: www.thelancet.com/journals/lanres/article/PIIS2213-2600(22)00086-8/fulltext

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