Zu den globalen Krisen wie dem Klimawandel, dem Artensterben und der Corona-Pandemie ist seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine nun eine weitere Krise hinzugekommen, die uns unmittelbar betrifft. Wenn in Politik und Medien inzwischen oft von einer Zeitenwende die Rede ist, ist damit nicht allein die bis vor kurzem noch undenkbare Vorstellung eines Angriffskrieges mitten in Europa gemeint, sondern auch die Erkenntnis, dass die vielen Krisen längst kein Ausnahmezustand mehr sind. Ein Zurück zur "alten" Normalität wird es nicht geben.
Angesichts der erschütternden Bilder des Krieges stellt sich die Frage nach den gesellschaftlichen und politischen Prioritäten auch hierzulande völlig neu: Welche Handlungsspielräume bleiben uns im Kampf gegen Klimawandel und Artensterben angesichts einer sich abzeichnenden Rüstungsspirale und veränderter ökonomischer und energiepolitischer Rahmenbedingungen? Wie kann der Aufbruch in eine nachhaltige Zukunft gelingen, wenn die überwunden geglaubte Logik des Krieges in Europa zurück ist? Und lässt sich unsere Welt tatsächlich neu und anders denken, nachhaltiger und im Einklang mit der Natur, friedlicher und regelbasiert, statt auf das Recht des Stärkeren setzend? Ein Hineinwachsen in eine bessere Welt unter Beibehaltung unserer Lebensstandards und unserer Privilegien wird es nicht geben. Und auch einige unserer politischen Überzeugungen und moralischen Maßstäbe werden wir überdenken und korrigieren müssen. Eine nachhaltige Zukunft ist anders nicht denkbar. "Weitermachen wie bisher ist keine Option. Das Wohlstandsmodell des Westens fordert seinen Preis", sagt Maja Göpel.
Vor diesem Hintergrund dürfte der Vortrag am 13. Juni und die sich anschließende Diskussion spannend werden. Vordergründig geht es Göpel in ihren Büchern und Veröffentlichungen zwar um die Frage, wie wir zu mehr Nachhaltigkeit und einem anderen Umgang mit der Natur und den natürlichen Ressourcen finden, ohne Ökologie und Ökonomie gegeneinander auszuspielen und die soziale Dimension zu vernachlässigen. Darüber hinaus nimmt sie jedoch die Gesellschaft insgesamt in den Blick: die Polarisierung, die größer werdende Schere zwischen Arm und Reich, die deutlich erkennbaren Grenzen des Wachstums und die sich ergebenden ökologischen, sozialen, ökonomischen und geopolitischen Folgen. Als Ökonomin favorisiert Maja Göpel eine gemeinwohlorientierte Wirtschaft, die alle versorgt, ohne ununterbrochen zu wachsen, und einen ökonomischen Fortschritt, der die Lebensgrundlagen erhält und nicht wie bisher zerstört.
Zur Person: Maja Göpel, geboren 1976, arbeitet seit 25 Jahren als Politökonomin an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Sie studierte Medienwirtschaft und politische Ökonomie in Siegen, Hamburg und Kassel. Von 2017 bis 2020 war sie Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) und bis Juli 2021 Wissenschaftliche Direktorin am Hamburger The New Institute. 2019 wurde sie zur Honorarprofessorin für Nachhaltigkeitstransformationen an der Leuphana Universität Lüneburg ernannt. Maja Göpel ist Mitglied im Club of Rome, dem World Future Council, dem Bioökonomierat der Bundesregierung und Mitbegründerin von "Scientists4Future".
20. Helmholtz Environmental Lecture (HEL) mit Prof. Dr. Maja Göpel
"Aufbruch in eine nachhaltige Zukunft – Warum wir unsere Welt neu denken müssen."
Wann? Montag, 13. Juni 2022, 17 bis 19 Uhr
Wo? Leipziger KUBUS (Saal 1), Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Permoserstraße 15, 04318 Leipzig
Wir bitten Sie um Anmeldung: online unter www.ufz.de/hel. Kolleginnen und Kollegen aus den Redaktionen gern auch direkt über mich: susanne.hufe@ufz.de.
Für alle, die nicht persönlich kommen können – der Vortrag wird auch im Livestream übertragen. Eine Anmeldung dafür ist nicht erforderlich. Die Einwahl ist am 13.6.2022 ab 17:00 Uhr unter www.ufz.de/hel möglich.
Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
www.ufz.de
Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.
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