• Nachhaltiges und einfaches Bauen braucht mehr Gestaltungsfreiheit – ein enges Korsett von Normen, überflüssigen Standards und bürokratischen Hürden hindert notwendige Innovationen
• Ein einzuführender „Gebäudetyp E“ schafft für eine fachkundige Bauherrschaft ein zusätzliches Angebot, eigene Projekte auf den Kern der Schutzziele der Bayerischen Bauordnung zu reduzieren, um bewusst einfach, nachhaltig und rechtssicher zu bauen
Neben hohen Bodenpreisen, Kostensteigerungen bei Roh- und Baustoffen und galoppierenden Energiepreisen sorgt vor allem ein enges Korsett an gesetzlichen und privatrechtlichen Anforderungen für hohe Baukosten. Um auch künftig bezahlbaren und qualitätvollen Wohnraum schaffen zu können, sind alle am Bau Beteiligten gefordert, Vorschläge zu entwickeln. Die Bayerische Architektenkammer hat dazu die Initiative "Gebäudetyp E" – E wie einfach bzw. experimentell – entwickelt, die auch bei der Politik auf fruchtbaren Boden stößt.
Zur Einführung eines "Gebäudetyp E" hat der Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Bau und Verkehr, Sebastian Körber, am 28. Juni 2022 deshalb zu einem öffentlichen Fachgespräch mit Expertinnen und Experten und anschließender Aussprache in den Bayerischen Landtag eingeladen. Als Expertinnen und Experten waren geladen: Prof. Lydia Haack, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerische Ingenieurekammer-Bau, Architekt Florian Dilg, Architekt Prof. Florian Nagler, TU München, die GWG-Geschäftsführerin Gerda Peter, Rechtsanwalt Dr. Olrik Vogel sowie Reinhard Zingler als Berater des Fachausschusses Technik des VdW Bayern.
Kammerpräsidentin Prof. Lydia Haack stellte gleich zu Beginn die Motivation der Kammer zur Einführung eines "Gebäudetyp E" vor: "Die Klimawende muss jetzt schnellstmöglich vorangebracht werden. Weder das Nachjustieren von Normen noch zahlreiche Bausenkungskommissionen haben bisher greifbare Ergebnisse erzielt. Wir sind davon überzeugt, dass die Bayerische Bauordnung für das Gelingen der Klimawende ein wertvolles Instrument darstellt, derzeit jedoch noch zu wenig Gestaltungsspielraum für innovative Denkansätze bietet."
Sowohl in den weiteren Expertenvorträgen wie auch in der anschließenden Aussprache ging es darum, wie Standards und bürokratische Hürden beim nachhaltigen Bauen reduziert, Gestaltungsmöglichkeiten für Planende und Architekten flexibilisiert werden und ein "Gebäudetyp E" angesichts zahlreicher Haftungsfragen in der Praxis rechtssicher umgesetzt werden könnte. Dabei wurde von allen Fraktionen zum Ausdruck gebracht, dass die Einführung eines "Gebäudetyp E" in die Bayerische Bauordnung ein richtiger Weg dafür sein könnte, nachhaltiger und gleichzeitig einfacher zu bauen. Dieser Schritt müsse jedoch durch eine zivilrechtliche Öffnungsklausel auf Bundesebene flankiert werden, die es fachkundigen Vertragsparteien ermögliche, abweichend von den geltenden anerkannten Regeln der Technik einen "Gebäudetyp E" als spezielle Beschaffenheit im Vertrag rechtssicher zu vereinbaren, erläuterte Rechtsanwalt Dr. Olrik Vogel.
Mit einem "Gebäudetypus E" wirbt die Bayerische Architektenkammer für ein zusätzliches Angebot innerhalb der Bayerischen Bauordnung. Dieses richtet sich vor allem an eine fachkundige Bauherrschaft. Dabei tritt der "Gebäudetypus E" bewusst nicht anstelle der in der Bayerischen Bauordnung geltenden Gebäudeklassen, sondern ergänzt diese. Fachkundige Bauherren und Planende erhalten damit die Freiheit, ihr Projekt auf den eigentlichen Kern der Schutzziele der Bayerischen Bauordnung (Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz) zu reduzieren. "Beim Bauen heißt auf das Wesentliche zu reduzieren, suffizient, nachhaltig und qualitätsorientiert zu handeln. Dafür stehen die Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen mit ihrer Innovationskraft und Expertise bereit. Dabei haben sie als gesellschaftliche Aufgabe vor allem auch den Gebäudebestand im Blick, der nicht nur nachhaltig und qualitätvoll weiterentwickelt, sondern auch weiterhin bezahlbar bleiben muss.", so Prof. Lydia Haack weiter.
"Wir haben heute viele gute Gedanken gehört, die uns überzeugt haben. Und wenn man überzeugt ist, müssen Gesetze auch geändert werden. Nach den ersten positiven Reaktionen aus allen Fraktionen bin ich zuversichtlich, dass wir den Gebäudetyp E gemeinsam auf den Weg bringen werden.", sagte Sebastian Körber, Vorsitzender des Ausschusses für Wohnen, Bau und Verkehr im Anschluss an die Diskussion.
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