Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen für die Wirtschaft. Über alle Berufe hinweg fehlen derzeit fast 540.000 Fachkräfte – Tendenz steigend. Besonders groß sind die Lücken in der Sozialarbeit, der Erziehung, der Pflege, der IT und dem Handwerk. Die zehn Berufe, die aktuell am stärksten vom Fachkräftemangel betroffen sind, lassen sich als typische Männer- oder Frauenberufe beschreiben.
Vor allem soziale und handwerkliche Stellen unbesetzt
Die akute Personalnot in der Sozialarbeit und -pädagogik sticht mit 20.600 nicht zu besetzenden Stellen am stärksten hervor. Auch in der Kinderbetreuung konnten über 20.000 Stellen nicht besetzt werden, da es rein rechnerisch kein Fachkräftepotenzial dafür gab. Im Handwerk fehlten im vergangenen Jahr insgesamt 87.000 Fachkräfte – besonders stark betroffen sind hier die Bereiche der Bauelektrik, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie die Kraftfahrzeugtechnik.
In fünf der zehn besonders betroffenen Berufe lag der Frauenanteil mit mindestens 76,6 Prozent zuletzt sehr hoch. In den anderen fünf stark betroffenen Berufsgattungen kehrt sich dieses Phänomen genau um: Hier ist der Anteil weiblicher Beschäftigter besonders niedrig. In der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sind nur 0,4 Prozent der Mitarbeiter Frauen, in der Kraftfahrzeugtechnik sind es 4,5 Prozent.
Attraktivität beruflicher Möglichkeiten so wichtig wie nie zuvor
Um Geschlechterklischees bei der Berufswahl abzubauen, sollte möglichst frühzeitig in die berufliche Orientierung investiert werden. So kann es sich lohnen, Mädchen und Jungen schon früh für die Arbeit in Engpassberufen zu begeistern – am besten klappt das mit Rollenvorbildern. Darüber hinaus lohnt es sich für Unternehmen, in ihren Stellenausschreibungen die unterrepräsentierte Gruppe gezielt anzusprechen, um mehr Bewerbungen zu erhalten. Das Aufbrechen der Stereotype kann dazu beitragen, dass sich junge Menschen stärker an den eigenen Neigungen und Fähigkeiten orientieren und diese mit der Arbeitsmarktnachfrage abgleichen – anstatt mit gesellschaftlichen Erwartungen. So würde eine bessere Passung zwischen Arbeitskräftenachfrage und -angebot erzielt.
„Bei der aktuellen Fachkräftesituation ist es fatal, wenn Geschlechterklischees den Pool an Bewerberinnen und Bewerbern noch weiter einschränken“, sagt Studienautorin Filiz Koneberg. „Unternehmen müssen die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe kennenlernen. Eine gendergerechte Ansprache und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie helfen dabei, beide Geschlechter anzusprechen.“ Gleichzeitig wird das nicht reichen: Künftig braucht es mehr qualifizierte internationale Zuwanderung, um den Fachkräftebedarf auch langfristig zu decken.
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