Zum Schulstart in Berlin fehlen tausende ausgebildete Lehrkräfte

Der Mangel an ausgebildeten Lehrkräften in Berlin nimmt immer bedrohlichere Ausmaße an. Nur noch ein knappes Drittel der neu eingestellten Lehrkräfte hat eine abgeschlossene Lehramtsausbildung. Von den knapp 4.000 Neueinstellungen sind lediglich 1.250 Personen voll ausgebildet; unter ihnen sind sogar noch etwa 200 Lehrkräfte im Ruhestand. Dazu kommt: etwa 600 Vollzeit-Stellen bleiben unbesetzt.

Das Interesse von Hochschulabsolvent*innen am Quereinstieg in die Berliner Schule lässt unterdessen weiter nach. Nur noch rund 400 Quereinsteiger*innen konnten vor allem für die Grundschule und in den Mangelfächern unbefristet eingestellt werden. Sie werden berufsbegleitend zu Lehrkräften ausgebildet. Über die Hälfte der eingestellten Lehrkräfte hat hingegen keine oder keine vollständige Lehramtsausbildung und wird überwiegend nur befristet beschäftigt. Das sind etwa 1.000 Studierende (im Bachelor- und Masterstudium), über 200 Lehrkräfte für die Willkommensklassen und über 1.100 Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung (LOVL).

„Eine Lehramtsausbildung ist bei den Neueinstellungen für die Berliner Schulen inzwischen die Seltenheit“, bilanzierte Tom Erdmann, Vorsitzender der GEW BERLIN. „Trotz dieser Einstellungen fehlen zusätzlich noch mindestens 1.000 Lehrkräfte, um den Bedarf abzudecken. Die Schulen werden nur noch zu 98 Prozent mit Personal ausgestattet. Das ist bildungspolitisch eine Katastrophe, die die Bildungschancen einer ganzen Generation gefährdet. Ohne den engagierten Einsatz der Kolleg*innen in den Schulen würde der ganze Laden zusammenbrechen“, so Erdmann.

Der GEW-Landesvorsitzende warnte davor, dass die Kolleg*innen an den Schulen die Misere ausbaden: „Wirksame Vorschläge zur Abfederung des akuten Mangels fehlen. Es sind Mehrarbeit und Arbeitsverdichtung zu befürchten. Wie will die Senatorin die Lehrkräfte davor schützen?“

Die Co-Vorsitzende der GEW BERLIN, Martina Regulin, erneuerte die GEW-Forderung nach einer Ausbildungsoffensive für die Lehrkräftebildung. „Was muss noch passieren, damit der Senat die Lehrkräftebildung endlich zur Priorität macht? Alle Maßnahmen zur Gewinnung, Ausbildung und Bindung von Lehrkräften müssen gebündelt werden“, so Regulin. Sie kritisierte, es sei absolut unverständlich, dass die Steuerungsgruppe Lehrkräftebildung, in der die Senatsbildungs-, die Senatswissenschaftsverwaltung und die Universitäten vertreten sind, in diesem Jahr nur zwei Mal getagt hat.

Kern der Ausbildungsoffensive muss es sein, mehr Studierende in den lehramtsbezogenen Bachelorstudiengängen sowie im Master of Education zum Abschluss zu bringen. „Mit nur 900 Lehramtsabsolvent*innen wird das in den Hochschulverträgen vereinbarte Ziel von 2.000 pro Jahr krachend verfehlt, obwohl die Zahl der Studienplätze deutlich ausgebaut wurde“, sagte Regulin.

Wir brauchen eine bessere Betreuung der Studierenden. Das Praxissemester muss flexibler und familienfreundlicher gestaltet werden. Auch finanzielle Anreize in Form eines Stipendiums können den Studienerfolg erhöhen.

Die GEW BERLIN fordert außerdem, die Unterstützung der Quereinsteiger*innen in den Schulen deutlich zu verbessern. Die zwei Mentor*innenstunden, die eine Schule je Quereinsteiger*in hat, kommen häufig nicht bei den Kolleg*innen an. Es verwundert daher nicht, dass allein im Schuljahr 2020/21 insgesamt 131 Quereinsteiger*innen ihren Dienst abgebrochen haben. Zudem müssen Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung bzw. Seiteneinsteiger*innen für die Quereinstiegs-Masterstudiengänge der Universitäten gewonnen und unter anderem durch Ermäßigungsstunden während eines Q-Masterstudiums unterstützt werden.

Die GEW-Landesvorsitzende betonte abschließend: „Will Berlin mehr Lehrkräfte gewinnen, muss die Attraktivität des Berufs gesteigert werden; durch kleinere Klassen, multiprofessionelle Teams und mehr unterstützendes Personal. Die Zustände in den Schulen sind einer der Hauptgründe, warum Studierende sich vom Lehramtsstudium abwenden.“

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