Die Eröffnung an der robotron-Kantine mit einem Konzert der libanesisch deutschen Avantgarde-Jazz-Band MASAA, einer Performance des Beiruter Künstlerduos Rana Haddad & Pascal Hachem sowie einer Live-Instagram-Performance der Beiruter Tänzerin und Choreografin Petra Serhal bildet den Auftakt des siebenwöchigen Kunstereignisses, an dem so unterschiedliche Partnerinstituitionen wie das Museum für Völkerkunde Dresden mit dem jüngst eröffneten Damaskuszimmer und die Schenkung Sammlung Hoffmann der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek SLUB beteiligt sind. Der künstlerische Austausch ist dem ältesten und immer noch aktuellen Orientierungsverfahren der Menschheit gewidmet.
Das Kunsthaus Dresden hat gemeinsam mit weiteren Kultureinrichtungen – dem Europäischen Zentrum der Künste HELLERAU und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden – drei herausragende und innovative Organisationen zeitgenössischer Kunst aus Beirut, Bihać und Warschau zu einer gemeinsamen künstlerischen Auseinandersetzung eingeladen: das Beirut Art Center, das KRAK Center for Contemporary Culture im bosnischen Bihać und das Performing Arts Institute Warschau.
Im Zentrum des gemeinsamen künstlerischen Projektes Nordost Südwest, das 22 Künstler:innen aus dem Libanon, Bosnien, Polen, Argentinien und Deutschland über zwei Jahre entwickelt haben, steht die Auseinandersetzung mit Geografien und globalen, politischen und kulturellen Koordinatensystemen unserer Zeit. Während der ‚alte Osten‘ und der ‚neue Westen‘ sich je nach Perspektive und Abstand zu den Ereignissen mythisch oder diabolisch verklären, ist mit den Begriffen des globalen Südens und globalen Nordens längst die Bedeutung älterer Beziehungs- und Konfliktlinien deutlich geworden. Krieg, Flucht und Diaspora sowie die Veränderungen in postindustriellen ehemals sozialistischen Gesellschaften gehören ebenso zu den kollektiven Erfahrungen, die verarbeitet werden, wie die Frage nach zukünftigen Überlebensstrategien von Kultur und Gesellschaft.
Die Künstler:innen treten mit ihren Werken in einen Dialog mit konkreten Orten im Dresdner Stadtraum wie auch Kulturgütern in Dresdner Sammlungen und setzen sich mit Erfahrungen einer permanenten Neuorientierung und den Veränderungen unserer globalen Orientierungssysteme zwischen Ost und West, Nord und Süd auseinander:
- So reagiert der Beiruter Künstler Omar Mismar in seiner neu entwickelten Installation A Room without A Roof ( Ein Zimmer ohne Dach) gemeinsam mit dem Team des Museums für Völkerkunde Dresden auf das frisch eröffnete Damaskuszimmer im Japanischen Palais, indem er es mit Sandsäcken schützt und auf die akute Bedrohung von Menschen und Kulturgut in der Region verweist.
- Die bosnische Künstlerin Irma Markulin setzt sich am Beispiel und ehemaligen Standort des Dresdner Informationstechnologiebetriebes VEB robotron in einer ortsbezogenen Lichtinstallation und 14 neu entstandenen Gemälden mit der Rolle von Frauen in der sozialistischen Industrieproduktion auseinander.
- Die Rostocker Künstlergruppe SCHAUM platziert mitten in der Dresdner Innenstadt einen Kiosk der einfachen Antworten und reagiert damit auf die mediale Verfasstheit unserer Zeit.
- Die bosnische Künstlerin Aida Šehović zeigt in der zentralen Ausstellung Nordost Südwest in der Dresdner robotron-Kantine unter anderem eine Videoinstallation, die sich mit der Vergabe des Nobelpreises für Literatur an Peter Handke auseinandersetzt sowie das aus 8,372 Kaffeeschalen bestehende reisende Monument für die Opfer des Genozids im bosnischen Srebrenica ŠTO TE NEMA (Where have you been?), in dem Fragen von Trauma, Heilung und Erinnerung angesprochen werden.
- Die Beiruter Künstler:innen Rana Haddad und Pascal Hachem setzten sich in ihren Arbeiten (Performance, mehrere künstlerische Arbeiten in der Ausstellung, eine größere speziell für Dresden konzipierte Installation) mit der Freiheit des Individuums wie auch dem Trauma von Krieg und Korruption sowie mit dem unterschiedlichen Umgang von Geschichte und Identität in Beirut und Dresden auseinander. Ihre Installation auf dem Schlossplatz No Set Stories (Geschichte ist nicht in Stein gemeißelt) besteht aus 56 handgravierten Steinblöcken und einer Stahlkonstruktion und lädt, inspiriert durch eines der weltweit beliebtesten Familien-Brettspiele Scrabble, Menschen zum Mitspielen in der Geschichte ein.
Zusätzlich tragen vier durch eine Jury ausgewählte Projekträume der Freien Kunstszene Dresden mit eigenen künstlerischen Beiträgen im Stadtraum zum Projekt Nordost Südwest bei: Galerie Ursula Walter, Kunsthaus Raskolnikow e. V., Zentralwerk e.V. und riesa efau. Kultur Forum Dresden. In Zusammenarbeit mit der Schenkung Sammlung Hoffmann, Staatliche Kunstsammlungen Dresden werden außerdem während der Dauer der Ausstellung ausgewählte Werke der Schenkung in den Projekträumen der Freien Szene Dresden gezeigt.
Mit Politiken des Zuhörens / Politics of Listening lädt das Europäische Zentrum der Künste HELLERAU zu einem eigenen Performance-Wochenende in und um das Festspielhaus Hellerau ein. Die Veranstaltungen am 30.9. und 1.10. werden von den Kurator:innen Marta Keil und Grzegorz Reske vom Performing Arts Center Warschau kuratiert. Das Motiv des (Zu-)Hörens wie auch der Machtverhältnisse zwischen Zentrum und Peripherie bilden den Ausgangspunkt der vier versammelten künstlerischen Positionen der aus Polen und Argentinien stammenden Künstler: innen, u.a. Wojtek Ziemilski mit seiner jüngsten Bühnenproduktion am Studio Teatrgaleria Warschau Ode to Joy.
Nordost Südwest
Ausstellungen, zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum, Performances, Konzerte
Mit Nahuel Cano, Rana Haddad & Pascal Hachem, Frenzy Höhne, Adela Jušić, Irma Markulin, Svea Duwe & Bettina Lehmann & Roswitha Maul, Omar Mismar, Šejla Kamerić, Darija Radaković, Artist Collective SCHAUM, Antje Seeger, Aida Šehović, Petra Serhal, Caroline Tabet, Janek Turkowski & Iwona Nowacka, Zorka Wollny, Wojtek Ziemilski sowie Leihgaben der Schenkung Sammlung Hoffmann, Staatliche Kunstsammlungen Dresden von Felix Gonzalez-Torres, Tony Oursler, A K Dolven sowie mit MASAA, Banda Internationale und dem Studiengang “Public Art and New Artistic Strategies” der Bauhaus-Universität Weimar
Ein Projekt des Kunsthaus Dresden in kuratorischer Zusammenarbeit mit HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste, dem KRAK Center for Contemporary Culture, Bihać, dem Performing Arts Institute, Warsaw, dem Beirut Art Center, Hammana Artist House, TAP -TEMPORARY. ART. PLATFORM, STATION, Beirut Art Residency, Beirut.
Die künstlerischen Projekte der Freien Szene wurden entwickelt von der Galerie Ursula Walter, dem Kunsthaus Raskolnikow e.V., dem Zentralwerk e. V. und riesa efau. Kultur Forum Dresden in Zusammenarbeit mit der Schenkung Sammlung Hoffmann, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, gefördert von dem Institut für Auslandsbeziehungen sowie der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Ostsächsischen Sparkasse Dresden.
Weitere Events und Veranstaltungen im Rahmen von Nordost Südwest:
Fr / Sa. 30.9. / 1.10.2022 Politiken des Zuhörens / Politics of Listening mit Performances und Gesprächen im Festspielhaus HELLERAU
Sa / So, 15. / 16.10.2022 Fluchtlinien / Lines of Flight mit Gesprächen und Konzerten in der robotron-Kantine und im Stadtraum
Sa / So, 5. / 6.11.2022 Strategien der Spinne / Strategies of the Spider mit Gesprächen und Konzerten in der robotron-Kantine und im Stadtraum
24.10. – 6.11.2022 DIS/ORIENTING mit dem Studiengang “Public Art and New Artistic Strategies” der Bauhaus-Universität Weimar in der robotron-Kantine und im Stadtraum
Alle Startzeiten, Programmdetails, Abläufe und Führungen unter
http://www.kunsthausdresden.de
Für alle nicht anders bezeichneten Ausstellungen und Veranstaltungen ist der Eintritt frei:
robotron-Kantine, Lingnerallee am Skatepark D–01069 Dresden (Zentrum)
Öffnungszeiten
Mi – Fr: 16 – 19 h
Sa + So: 12 – 19 h
sowie in HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste, Museum für Völkerkunde Dresden (Japanisches Palais), Galerie Ursula Walter, Kunsthaus Raskolnikow e. V., Zentralwerk e. V., riesa efau. Kultur Forum Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek SLUB
Kunsthaus Dresden – Städtische Galerie für Gegenwartskunst
Rähnitzgasse 8
01097 Dresden
Telefon: +49 (351) 488-8971
Telefax: +49 (351) 488-8973
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